Das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer starten im Kampf gegen Amazon & Co. die Website www.kaufhaus-oesterreich.at

„Es ist keine Kopie von Amazon, es ist auch nicht unser Ziel“, ließ Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck wissen und spricht von einem „österreichischen Eck im Internet“. Ebenso wie Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer bemühte die Ministerin dabei den Ausdruck der „Meta-Plattform“ als Idee hinter dem digitalen Kaufhaus. Man könne dort zwar keine Produkte direkt kaufen, wolle aber alle Händler im Land zentral und digital sichtbar machen. Schon jetzt seien 1000 gelistet, bis Mitte 2021 sollen „einige Tausend Händler“ an Bord sein.

Wirtschaftsministerium und WKÖ haben die Ziele des "Kaufhaus Österreich" in einer Charta festgehalten. Darin bekennen sich die Partner und Unterstützer von "Kaufhaus Österreich" zum Ausbau von E-Commerce in Österreich, gezielter Mobilisierung von Betrieben für E-Commerce, Unterstützung und Beratung von Betrieben rund um E-Commerce sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für E-Commerce in Österreich.

Plattform erntet massive Kritik

Auf wenig Begeisterung stößt die Initiative bei den Nutzern des Netzwerks Twitter oder bei der Opposition. Das Kaufhaus drohe „genauso wie vorherige nationale E-Commerce-Plattformen zu scheitern“, sagt Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Die Kritik: Viele kleine und mittlere Unternehmen könnten sich keinen eigenen Webshop leisten. Infolge dessen könnte man einen solchen auch nicht listen.

Gleichzeitig kündigten SPÖ, FPÖ und NEOS parlamentarische Anfragen an. Von Interesse sind dabei vor allem die entstandenen Kosten. "So an den Nutzern vorbeizuproduzieren, das muss einem einmal einfallen", sagte SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda am Dienstag zur APA. FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer sprach in einer Aussendung von einem "blamablen Online-Shopping-Portal, das Amazon & Co wohl nicht ins Schwitzen bringen wird". 

Ministerium will an Nutzerfreundlichkeit arbeiten

Klar ist: Das virtuelle Kaufhaus wurde vom staatlichen Bundesrechenzentrum "mit Partnern" (Wirtschaftsministerin Schramböck) programmiert, Medieninhaber der Internetpräsenz sind das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer, die Internet-Domain gehört dem Wirtschaftsministerium. Für den Betrieb der Website ist die Wirtschaftskammer zuständig, hieß es am Montag bei der Präsentation. Mittlerweile ist das aber anscheinend wieder strittig. Die Wirtschaftskammer betont nun jedenfalls, dass Gespräche über den Betrieb erst laufen. 

Laut Ministerium kostete das Portal in Summe jedenfalls 627.000 Euro. Die Abwicklung sei über bestehende Rahmenverträge erfolgt. Die Website sei ins Leben gerufen worden, um den österreichischen Handel gerade in Zeiten des Lockdowns zu unterstützen, so die Wirtschaftskammer. An der Nutzerfreundlichkeit werde gearbeitet.

Das scheint notwendig. Den Praxistest besteht das Online-Händler-Verzeichnis derzeit nämlich noch nicht, zeigen viele Tests. Wer beispielsweise auf der Seite nach "Schuhen" sucht, dem werden ein Tischtennis-Shop oder  eine Bergbauern-Seite als erste Präferenzen angezeigt, Fahrräder bekommt man als Wiener Interessent trotz einer Begrenzung auf einen 50-Kilometer-Umkreis vorwiegend in Salzburg und Vorarlberg angeboten.

Wer in der Suchmaske das Wort "TV-Gerät" eingibt, wird zielsicher auf einen Anbieter für Grillsysteme hingeführt, eine Suchanfrage nach "Spielzeug" wiederum führe den Kunden zu "Bio-Hundezubehör aus Naturmaterialien". Über die Website gelangt man auch zu Seiten von Unternehmen, die den Kunden erst Recht auf den Marktplatz von Amazon umleiten - genau das wollten die Initiatoren eigentlich vermeiden.

Streit um Barrierefreiheit

Kritik erntete das Portal am Dienstag auch, weil seit Oktober Websites von öffentlichen Stellen eigentlich barrierefrei sein sollten. "Es gibt noch Übergangsregelungen - etwa für Gemeinden - aber man sollte sich von einer Institution wie der Wirtschaftskammer eigentlich erwarten, dass sie zumindest Mindeststandards einhält", sagte der Salzburger Georg Wimmer, Experte für "leicht verständliche Sprache", zur APA.

Die Inhalte einer Website müssten demnach etwa für Menschen mit Behinderungen, mit Lernschwierigkeiten oder mit geringem Bildungsniveau "verstehbar" sein. Tatsächlich stehe bei "Kaufhaus Österreich" unter dem Menüpunkt "Barrierefreiheit": "Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist bemüht, ihre Websites und mobilen Anwendungen im Einklang mit dem Bundesgesetz über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen des Bundes (...) barrierefrei zugänglich zu machen." "Geht es noch schlechter?", fragt Wimmer.  "Sie schreiben, dass sie Dinge selbst noch nicht einhalten und man fragt sich: Warum nicht?" Es gehe dabei auch um einfache technische Lösungen, die heute Standards seien - etwa um die Möglichkeit, Schriftgrößen oder Kontraste zu erhöhen. "Eine von der Regierung beauftrage Agentur müsste das eigentlich können."