Nach den tiefen Schrammen des Corona-Jahrs 2020 kennzeichnen sowohl starke Nachholeffekte als auch Lieferkettenprobleme und hohe Rohstoffpreise die aktuelle Lage von Österreichs zweitgrößtem Industriezweig. Zwar waren die Umsätze in den ersten Monaten des laufenden Jahrs so hoch wie vor der Krise, endgültig ausgestanden ist die Krise für die Elektro-und Elektronikindustrie aber noch nicht. Fachverbandspräsident Wolfgang Hesoun, Chef von Siemens Österreich, hält ein Erreichen des Vorkrisenniveaus deshalb erst für 2023 realistisch.

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres schoss der Produktionswert der 281 Betriebe mit fast 67.000 Mitarbeitern jedenfalls wieder kräftig in die Höhe. Nach einem Einbruch des Produktionswertes um fast acht Prozent auf 17,2 Milliarden Euro im ersten Coronajahr 2020 betrug das Plus bis Ende April 2021 dann fast 16 Prozent. 

Eine Art Dominoeffekt

"Die Euphorie des Frühsommers hat dann allerdings wieder einen leichten Dämpfer bekommen," so Verbandsgeschäftsführerin Marion Mitsch. "Wir hatten jetzt wieder ein paar Anfragen von Unternehmen, die wahrscheinlich um Kurzarbeit ansuchen müssen." Besonders betroffen dürften Kfz-Zulieferer sein. Gerade die sind zuletzt sehr stark gewachsen. Laut Verband könnten allerdings die Werkstillstände von einigen großen Autobauern eine Art Dominoeffekt zur Folge haben. Insgesamt zähle man jedenfalls nicht zu den Gewinern der Pandemie, so Mitsch. 

Die Erholung mit Hindernissen hat mehrere Gründe, laut Hesoun "überlagerten sich die Probleme" mit den Störungen bei Lieferketten,  gleichzeitig hoher Nachfrage und hohen Rohstoffpreisen, die die Unternehmen sehr unterschiedlich beträfen. Einen ganz kleinen Seitenhieb auf die Politik Chinas mag sich Hesoun in dem Zusammenhang nicht verkneifen: "Wenn wegen eines Corona-Falls der ganze Hafen Shanghai gesperrt wird und alles steht, wenn das nicht nach geplanter Maßnahme klingt, was natürlich spekulativ ist, da könnte der Verdacht entstehen, dass man damit auch Wirtschaftspolitik betreibt." Gleichzeitig habe eine extrem hohe Binnennachfrage in China große Mengen aus dem Markt gesaugt.

Eine schnelle Auflösung wünschten sich alle. Hesoun: "Das kostet uns ja  viel Geld." Die hohe Nachfrage auf der einen Seite verursache sehr hohe Kosten, nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise. Der Druck auf die Ertragslage werde sich in den nächsten Monaten auch noch nicht ändern. 

Relativ stabile Beschäftigungslage

Als Erfolg in der Krise werten Mitsch und Hesoun die relativ stabile Beschäftigungslage. 2020 kürzte die Branche 2,7 Prozent der Jobs. Bei den Leiharbeitskräften war das Minus mit 30 Prozent weit dramatischer, allerdings gibt es aktuell beim Fremdpersonal auch wieder ein Plus von 30 Prozent, während das Stammpersonal nur um 0,9 Prozent aufgestockt worden ist. Darin spiegelt sich Hesoun zufolge immer noch die unsichere Lage wider.

Grundsätzlich stehen die Zeichen für die Branche gut: Viele Unternehmen dürften bei der Energiewende eine große Rolle spielen, wenngleich Hesoun skeptisch ist, ob alle geplanten Maßnahmen im angekündigten Zeitrahmen machbar seien. Aktuell werde noch zu wenig Augenmerk auf den Lösungsansatz "Smart Cities" gelegt, wo in Quartierlösungen auch in altem Gebäudebestand große Einsparpotenziale gehoben werden könnten. Grundsätzlich könne durch Gebäudesanierungen rund ein Drittel der bisher benötigten Energie gespart werden.