Schon Sting besang dieses Gefühl, sich als Engländer wie ein Außerirdischer zu fühlen. Alexander White aus einem kleinen Dorf in der Nähe Bristols kann sich wohl ein bisschen hineinversetzen. Vor allem in die Liedzeile „I’m a legal alien“.

Der Student macht derzeit in Österreich den Master in Südosteuropastudien, dafür ist er gerade für ein Praktikum in Belgrad. Er hat aber trotzdem Zeit, um seinem Ärger telefonisch Luft zu machen. „Wenn ich so darüber nachdenke, wäre ich dann über Nacht kein EU-Staatsbürger mehr, sondern Drittstaatsbürger. Vor zwei Jahren hätte ich mir nie im Leben gedacht, dass ich einmal überhaupt über so etwas nachdenken muss“, holt der Brite aus, der sich zu hundert Prozent als Europäer fühlt. „Ich wollte das nie. Man hätte dieses Referendum nie machen sollen.“

Glück im Unglück

Auch Veronika Wolf, Geschäftsführerin des Clubs International (CINT), ist jeden Tag aufs Neue mit Fragen rund um den Brexit und seine Folgen konfrontiert. Der Club wurde 2011 gegründet und unterstützt steirische Unternehmen und ihre internationalen Mitarbeiter in allen Belangen rund um das Leben in der neuen Heimat. „Wir haben Klienten aus 75 Nationen, bisher haben wir über 1400 Expats betreut.“ Vier Prozent des CINT-Klientels machen Fachkräfte aus Großbritannien und Irland aus. „Wir führen sie noch in einer Kategorie. Mit der Betonung auf noch.“

Fragen rund ums Bleiberecht


Designerin Sabinna Rachimova kann es mittlerweile auch nicht mehr hören. „Alle sind müde. Ich bin seit zehn Jahren hier, ich miete eine Wohnung und ein Studio hier. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Aufenthaltsrechte der Österreicher einschränken werden.“ Weil sie aber der Typ Mensch sei, der gerne vorbereitet ist, hat sie sich „Plan A, B und C“ zurechtgelegt. „Wir lesen momentan auch im Atelier das Kleingedruckte genauer und schauen, was uns erwartet. Wir wissen ja nicht, wie es mit Im- und Export und den Zollregelungen aussehen wird, weil ja die Verträge hierzu nicht mehr gültig sind. Wir verkaufen ja weltweit und nicht nur nach Europa.“ Neben der Ungewissheit mache Rachimova aber auch etwas anderes müde. „Europa hat Probleme, aber die positiven Sachen überwiegen bei Weitem.
(Portrait von Sabinna Rachimova)

"Meine Generation hat von EU profitiert"

Vor allem für Menschen in meinem Alter und die noch jüngeren.“ Keiner ihrer Bekannten habe für „Out“ gestimmt. Sie selbst fühle sich zu hundert Prozent als Europäerin. Ein Faktum, das sie unter anderem auch auf ihre eigene Geschichte zurückführt. „Ich habe ja Migrationshintergrund und weiß wie unschön es ist, wenn man nicht frei herumreisen oder studieren kann, wo man möchte. Und diese tollen, positiven Sachen machen kann, die einem Europa ermöglicht und von der meine Generation sehr profitieren konnte“, so die Designerin mit russischen Wurzeln, die in Wien aufgewachsen ist.