Es war ein spektakuläres Jahr für die österreichischen Winzerinnen und Winzer, wie es der Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes, Johannes Schmuckenschlager, heute bei einem Pressetermin formulierte. Der Witterungsverlauf war eine Herausforderung: Zuerst das trockene Frühjahr, dann die kühle Phase mit einem Austrieb der Reben erst im April, was allerdings die Spätfrostgefahr gebannt hat. Dann die Wärme, die in der zweiten Mai-Hälfte eingesetzt hat, und die spätere Blütezeit.

"Doch eine normale Erntezeit"

Der im Vergleich zu den Vorjahren späte Blühbeginn wird von der Branche durchaus positiv gesehen, denn eine spätere Blüte bedeutet auch einen späteren Reifebeginn, etwas mehr in den Herbst hinein, wo von moderateren Tagestemperaturen und etwas kühleren Nachttemperaturen ausgegangen werden kann. Dies führt laut Experten im Allgemeinen zu harmonischeren Weinen mit einem ausgeglichenen Zucker-Säure-Verhältnis. "Nun werden wir aber doch eine normale Erntezeit bekommen", sagt Schmuckenschlager und rechnet mit einem Lesebeginn in ganz Österreich zwischen dem 10. und 20. September. Die Ernte für die ersten Trauben für Sturm hätten im Seewinkel bereits begonnen, auch in Niederösterreich hätte man schon Kleinmengen geerntet.

2,3 Millionen Hektoliter

Weil einzelne Rebsorten keine 100-prozentige Blüte erreicht haben, ist, wie Schmuckenschlager betont, mit einem leichten Rückgang der Erntemenge auf 2,3 Millionen Hektoliter Gesamtmenge in Österreich zu rechnen, die Rückgänge betreffen Rot- und Weißwein gleichermaßen. Nach einer sprunghaften Entwicklung über mehrere Jahre seien die Erträge mittlerweile stabiler geworden. Die heftigen Unwetter wären für einzelne Betriebe freilich verheerend gewesen, auf die österreichische Gesamtmenge wirken sie sich allerdings kaum aus. Die Botschaft für Konsumenten: "Die Weinpreise werden nicht exorbitant steigen." Das Konsumverhalten in Österreich ist laut Weinbauverband "verhalten". Durchaus erhebliche Ernteausfälle im europäischen Ausland dürften der österreichischen Weinwirtschaft aber in die Hände spielen: Betroffen sind, so Schmuckenschlager, Nord- und Süditalien sowie Frankreich und Spanien.

Die Herausforderungen durch Hagel sowie Pilzerkrankungen der Trauben seien eine Herausforderung in Richtung Pflanzenschutz gewesen, wie Schmuckenschlager betont. Im Moment geht den heimischen Winzern, freilich mit Ausnahme der von den Unwettern besonders massiv betroffen Betriebe, beim Blick in den Weingarten das Herz auf. "Sehr vitale Weingärten, gesunde Trauben und derzeit das Spiel der Gegensätze zwischen Tag- und Nachttemperaturen, die die Trauben für die Entwicklung des fruchtigen Charakters brauchen."

Hohe Produktionskosten

Wie andere produzierende Branchen sind auch die heimischen Weinbaubetriebe nach wie vor mit besonders hohen Produktionskosten konfrontiert. Obwohl sich die Energiepreise etwas beruhigt haben, sind energieintensive Produktionsmittel nach wie vor sehr teuer. Schmuckenschlager: "Das betrifft Verpackungsmittel wie Karton und Glas. Wie der gesamten Wirtschaft macht die derzeitige hohe Inflation auch der Weinwirtschaft zu schaffen."

Wein wird "jünger und weiblicher"

Gute Nachrichten für Winzer zeigt eine aktuelle Umfrage des Weinbauverbandes unter 1000 Österreichern zu ihrer Einstellung zum Wein, durchgeführt von IFDD. 74 Prozent geben an, österreichischen Wein zu trinken, 69 Prozent halten "das Kulturgut Wein" für wichtig für die österreichische Identität und 50 Prozent orientieren sich bei ihrer Kaufentscheidung am Weingut bzw. lassen sich von Freunden oder Bekannten ein Weingut empfehlen. Insgesamt steigt der Zuspruch, den Wein erhält, bei Frauen und jüngeren Menschen. "Es geht dabei nicht nur ums Trinken", heißt es beim Weinbauverband: "Man definiert sich über einen Weinstil." Und Wein werde auch selten allein bzw. ohne Essen getrunken. Schmuckenschlager: "Das spricht für den bewussten Weingenuss. Wein gehört zu gesellschaftlichen Ereignissen."