Die rapide gestiegenen Zinsen und immer restriktiveren Kreditvergaben der Banken werden für Österreichs Start-up-Szene zu einem veritablen Problem. Christiane Holzinger, selbst Investorin und beim neuen Verein invest.austria für die politischen Agenden zuständig, drückt es drastisch aus: "Es besteht absolut die Gefahr, dass es in Österreich zu einem Start-up-Sterben kommt."

Viele Start-ups mussten in den vergangenen Monaten Wachstumspläne auf Eis legen. Projekte wurden gestoppt, Belegschaften zusammengestutzt. Selbst bei Leuchttürmen der Szene wie Kryptoprofi Bitpanda, dem Bildungsdigitalisierer GoStudent oder Anyline, einem Spezialist für mobile Texterkennung. Nach einer ersten Schockstarre will die Regierung auch gegensteuern. Und setzte einen mit 72 Millionen Euro dotierten Gründungs-Fonds auf. Gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Co-Investments soll dadurch ein Hebel von 500 Millionen Euro entstehen. Der Szene mit Hunderten Unternehmen ist das nicht genug, es gehe um grundsätzlich bessere Rahmenbedingungen. Vor allem starke steuerliche Anreize für private Kapitalgeber.

Viel Verständnis, wenige Aktionen

Die Idee, angesichts der prekären Situation, die zwei wichtigsten Unterstützer-Vereine für die Finanzierung von Start-ups in Österreich zusammenzuspannen, reifte in invest.austria-Geschäftsführerin Daniela Haunstein zufolge schon länger. Der Zusammenschluss der Austrian Angels Investors Association (aaia) und der Austrian Private Equity & Venture Capital Organisation (AVCO) soll für gebündelte Kraft sorgen.

Warum die enorme Bedeutung privater Kapitalgeber für neue Geschäftsideen in Österreich noch immer nicht ausreichend gesehen wird, dafür haben die Business Angels eine Reihe von Antworten. Viele Ministerwechsel in den vergangenen Jahren, größere Baustellen durch Corona und die Energiekrise, aber auch die gesellschaftlich noch wenig verbreitete Freude an Risiko-Investments.

"Das Verständnis auf politischer Seite ist grundsätzlich sehr groß", sagt Holzinger. Immerhin gibt es auch einen eigenen Start-up-Rat. "Die Förderlandschaft ist gut", stellt auch Daniela Haunstein klar. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Austria Wirtschaftsservice aws, die Förderbank des Bundes. Wie es ohne sie um Österreichs Gründerszene stünde, will sich ohnedies keiner ausmalen.
Es ist eher der Blick über Österreichs Grenzen, der offenbart, was woanders alles geht. "Im europäischen Ausland finden wir ausgezeichnete Vorbilder, die zeigen, dass die Aktivierung von wesentlich mehr Kapital möglich ist", sagt der Co-Managing Director von invest.austria, Arnaud Béasse.

Einbruch des Finanzierungsvolumens

Die Kapitalklemme in Österreich hatte sich schon im zweiten Halbjahr 2022 manifestiert. Das Finanzierungsvolumen im Vergleich mit dem Vorjahr brach um 80 Prozent ein, erzählte Markus Raunig, Vorstand des European Start-up-Network, jüngst der Kleinen Zeitung.

Bewusstsein für die Probleme gibt es auch in der Wirtschaftskammer. So forderte Generalsekretär Karl-Heinz Kopf am Mittwoch ein neues Start-up-Mitarbeiterbeteiligungsmodell und rasch die Umsetzung des Wagniskapitalfonds. Laut WKÖ und aws investierten 2022 rund 40 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen gar nicht oder weniger als geplant. "Es ist jetzt extrem wichtig, dass wir die Innovatoren nicht entmutigen", sagt Holzinger. "Ich bin jedes Mal erschüttert, wenn wir eine erfolgversprechende Innovation verlieren, wo in Österreich Milliarden auf Sparbüchern herumliegen."