Markus Raunig ist niemand, der dick aufträgt. Er ist aber auch keiner, der um den heißen Brei herumredet. „Es ist ein kein kurzes Tal“, sagt er im Podcast „Future Weekly“ – „es ist eine richtig harte Krise, die die Start-up-Szene durchläuft.“ Also jene findigen Jungunternehmen, die jünger als zehn Jahre sind und als besonders wachstumsorientiert und innovativ gelten. Ausgestattet mit einem besonderen Fokus auf neue Technologien.

Im Telefonat verdeutlicht Raunig, Vorstand des European Startup Network, seine Einschätzung. Die Kapitalklemme hätte sich vor allem im zweiten Halbjahr 2022 manifestiert, als das Finanzierungsvolumen im Vergleich mit dem Vorjahr in Österreich um 80 Prozent einbrach. Steigende Zinsen und makroökonomische Unsicherheiten entzogen Liquidität.

Start-up-Veteran Markus Raunig
Start-up-Veteran Markus Raunig © Austrian Startups

Was das konkret bedeutet? Viele Start-ups müssen Wachstumspläne auf Eis legen. Projekte werden gestoppt, Belegschaften zusammengestutzt. Personelle Federn ließen dabei auch bekannte heimische Start-ups wie Kryptoprofi Bitpanda, Bildungsdigitalisierer GoStudent oder Anyline, ein Spezialist für mobile Texterkennung.

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„Am vorbörslichen Kapitalmarkt ist es 5 vor 12“, hieß es jüngst auch aus der aaia, dem Branchenverband der Start-up-Investoren. Dessen Neo-Chefin Daniela Haunstein konkretisiert im Gespräch: „Es ist Geld am Markt. Aber die Business Angels verwenden liquide Mittel primär, um eigene Start-ups durchzufüttern.“ Neue Finanzierungen sind rar. Auch weil die jungen Betriebe „Downrounds“ befürchten – also Folgefinanzierungsrunden, bei denen das Start-up geringer bewertet wird als zuvor.

aaia: Daniela Haunstein (rechts) löste Anfang Februar Laura Egg als Chefin ab
aaia: Daniela Haunstein (rechts) löste Anfang Februar Laura Egg als Chefin ab © aaia

Zugleich ortet Haunstein „in gewissen Bereichen eine gesunde Korrektur“. Ihr pointierter Befund: „Start-ups lernen jetzt vermehrt auch das Vokabel ,break-even‘ (Gewinnschwelle, Anm.) und nicht nur ,growth‘ (Wachstum).“ Summa summarum aber gelte: „Gute Ideen werden weiter finanziert.“ Dem stimmt Raunig zu. Außerdem seien „Krisenjahre ein guter Nährboden für wirklich gute Start-ups.“

Druck auf Politik nimmt zu

Was die Politik eigentlich gegen die Krise tut? Am Dienstag präsentierte die Regierung einen mit 72 Millionen Euro dotierten Gründungs-Fonds. Gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Co-Investments soll ein finanzieller Hebel von 500 Millionen Euro entstehen. „Ein Schritt in die richtige Richtung“, befindet Raunig. Der aber deutlich mehr Bewegung einmahnt. Und seine Forderung nach einem „Beteiligungsfreibetrag nach britischem Vorbild“ oder einer „sinnvollen Besteuerung“ der Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erneuert. Zumindest bei Letzterer könnte eine Lösung bald auf dem Tisch liegen. Haunstein formuliert härter: „Man muss es in Österreich endlich interessanter machen, Geld in Start-ups zu stecken. Sonst wandern diese ab.“