Österreichs Staatsbahn wird es in den nächsten Jahren trotz zu erwartender Rekord-Passagierzahlen finanziell deutlich schwerer haben als zuletzt. Schuld daran sind höhere Kosten, vor allem aber die steigenden Zinsen. Die 4,7 Milliarden Euro, die die ÖBB in den nächsten Jahren für neue Züge ausgeben wollen, "die müssen verdient werden", sagt der in Kürze aus dem Konzern ausscheidende Finanzchef Arnold Schiefer. Dafür braucht es in den nächsten Jahren deutlich mehr Gewinn.

Schiefer: "Gefühlt würde ich sagen, der Konzern wird irgendwann einmal die 300er-Marke anpeilen müssen." Schiefer meint damit 300 Millionen Gewinn vor Steuern (EBT). Das wären fast 110 Millionen Euro mehr, als die ÖBB 2022 einfuhren. Die gerade präsentierte Bilanz weist 193 Millionen Euro Vorsteuergewinn aus – übrigens so viel wie das Rekordergebnis aus dem Jahr 2015 –, was ÖBB-Chef Andreas Matthä mit Blick auf das heurige hundertjährige Jubiläum der ÖBB freut.

Fragen rund um die Ticketpreise

"Wir stehen als Bahnunternehmen unter Druck", bestätigt Matthä bei der virtuellen Pressekonferenz. Schiefer präzisiert, dass allein der Personenverkehr künftig deutlich mehr als 200 Millionen Euro beisteuern muss. "Er sollte auf 240 bis 250 Millionen Euro hochklettern", so Schiefer. Von der Realität im laufenden Jahr ist das meilenweit entfernt.
Das werfe natürlich Fragen rund um die Ticketpreise auf, insbesondere wenn man wolle, dass Menschen mehr Zug fahren, reißt Schiefer gröbere Interessenkonflikte an. So dürfte es heuer keine Frage mehr sein, dass die Ticketpreise steigen. Es gibt entweder im Sommer eine kleine Erhöhung oder im Dezember eine größere.

Nach der Pandemie sind die ÖBB bei den Fahrgastzahlen indes wieder auf Rekordkurs. 447 Millionen Menschen lösten 2022 in Bahn und Postbus Tickets, heuer soll die Passagierzahl auf 480 Millionen steigen.

Lkw-Konkurrenz auf der Straße

Wie die Bahn neue, zusätzliche Ertragsquellen auftun kann, ist noch völlig unklar. Denn im Güterverkehr, der nach Schiefers Rechnung in Zukunft 50 bis 60 Millionen Euro abwerfen müsste, läuft das Geschäft derzeit alles andere als rund. Wegen der hohen Stromkosten verliert die Rail Cargo Austria (RCA) gerade vor allem im Einzelwagenverkehr viele Kunden an die Lkw-Konkurrenz auf der Straße. Die transportierten Tonnagen sinken seit Jahren. Standen hier früher oft Zahlen von mehr als 100 Millionen Tonnen, waren es zuletzt noch 88 Millionen Tonnen.
Matthä verweist dennoch nicht ohne Stolz darauf, dass die RCA 2022 im Gegensatz zur Deutschen Bahn (DB) oder den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) hier schwarze Zahlen schreibt. Mit 7,3 Millionen Euro habe sie ein "respektables Ergebnis" erwirtschaftet. 2021 hatte indes ein außerordentlicher Ertrag durch den Teilverkauf der Tochter Technische Services von der RCA an den Personenverkehr für weit bessere Optik gesorgt.

Die RCA hatte auf eine vollständige Abdeckung der um 60 Millionen Euro erhöhten Strompreise gehofft. Brüssel lehnte das ab. Per April wurde die Schienenmaut für Güterbahnen gesenkt, macht 16 Millionen Euro für die RCA. Matthä fordert, dass die massive Güterverlagerung auf die Straße "politisch gestoppt" wird.

"Herausfordernde Kostensteigerungen halten an"

In den roten Zahlen war erstmals die ÖBB-Infrastrukturtochter unterwegs. Auf 15,7 Millionen beläuft sich das Minus, laut Matthä Folge der Strompreise. "Die herausfordernden Kostensteigerungen halten an", so der Bahnchef. Das werde auch im Ergebnis 2023 zu sehen sein. "Dreistellig", also über 100 Millionen Euro, bleibe man aber.
Erstmals listen die ÖBB auf, wie viel Staatsgeld über verschiedene Förderschienen an sie fließt: Auf immerhin 3,48 Milliarden belief sich die Summe 2022 – nach 3,55 Milliarden im Jahr davor. In diesen Zahlen ist jedoch noch nicht enthalten, was das Klimaschutzministerium für den Verkaufsschlager Klimaticket lockergemacht hat, nämlich nach vorläufiger Rechnung 94,5 Millionen Euro.