Zwei Drittel mehr Gewinn, verdoppelter Umsatz: Das abgelaufene Geschäftsjahr 2022 war für die Kärntner Kelag ein höchst erfolgreiches. Vor Corona und während der Pandemiejahre lag der Jahresgewinn im Schnitt bei rund 100 Millionen Euro, 2021 waren es 129 Millionen Euro. 2022 kletterte das Ergebnis auf die Rekordhöhe von 214 Millionen Euro. Der Umsatz verdoppelte sich von 1,524 Milliarden Euro auf 3,103 Milliarden Euro. Erzielt wurde dieses Ergebnis in einem außergewöhnlich turbulenten Jahr an den Energiemärkten, ausgelöst durch den Angriff Russlands auf die Ukraine.

Den größten Teil des Ergebnisses erwirtschaftete die Kelag allerdings gar nicht selbst – satte 137 Millionen Euro steuert die Zehn-Prozent-Beteiligung an der "Verbund Hydro Power" (VHP) bei, die Wasserkraftwerkssparte des teilstaatlichen Energieriesen Verbund. 2021 waren es nur 60 Millionen Euro. Der Ergebnisbeitrag durch die VHP sei aber nicht cashwirksam und resultiere aus Bewertungseffekten, betont die Kelag. "Es ist nicht so, dass uns das Geld jetzt aus den Ohren heraussprudelt", sagt Kelag-Vorstand Danny Güthlein im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Ohne diesen Effekt läge der Kelag-Gewinn bei 77 Millionen Euro, 8 Millionen Euro über 2021. 

Mehr Gewinn im internationalen Geschäft

Steigende Gewinne kamen 2022 aus dem internationalen Kelag-Geschäft, in Summe mehr als 30 Millionen Euro; 22 Millionen Euro trägt die Kärnten Netz GmbH bei, so Güthlein. Im Vertrieb jedoch habe die Kelag sogar Verluste erzielt. Güthlein erklärt dies mit dem großen Kundenzulauf. Klingt paradox, ist aber erklärbar: Die Kelag habe zu Zeiten extrem hoher Marktpreise Strom für Kunden, die etwa bei Billiganbietern gekündigt wurden, teuer zukaufen müssen. Auch für Stromkunden in der Grundversorgung müsse Strom teuer eingekauft werden. In Summe gewann die Kelag im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Kunden neu hinzu – und erwirtschaftete damit Verluste.

Große Nutznießer des Kelag-Profits sind die drei Haupt-Aktionäre: die deutsche RWE (hält rund 38 Prozent der Anteile), der Verbund (rund 35 Prozent) sowie das Land Kärnten über die Kärntner Energieholding (durchgerechnet etwa 26 Prozent). Ihnen sollen, so der Vorschlag der Kelag-Führung, 100 Millionen Euro an Dividenden ausgeschüttet werden. Im vergangenen Jahr waren es 60 Millionen Euro, in den Jahren zuvor meist 50 Millionen. 100 Millionen Euro Dividende kämen beinahe einer Verdoppelung gegenüber dem Jahr zuvor gleich. Knapp zehn Millionen muss die Kelag 2022 an Ergebnisabschöpfung im In- und Ausland leisten.

"Grüne Investitionsoffensive" von 260 Millionen Euro

Kräftig zulegen will der Kärntner Landesversorger bei den Investitionen. Im Rahmen einer "grünen Investitionsoffensive" sollen rund 260 Millionen Euro – 80 Millionen mehr als 2022 – in die Erzeugung erneuerbarer Energie aus Wasserkraft, Sonnenenergie und Windkraft, die Erweiterung der Wärmeversorgung auf Basis von Biomasse und industrieller Abwärme sowie in die Modernisierung der Netzinfrastruktur fließen. Man müsse die Abhängigkeit von Importen von Energieträgern so rasch wie möglich verringern, erklärt Manfred Freitag, der Sprecher des Vorstandes. Das gehe nur, wenn man die Erzeugung aus erneuerbarer Energie massiv ausbaue.

Schwer zu schaffen machte der Kelag im vergangenen Jahr die extreme Trockenheit. Die historisch niedrige Wasserführung – das zur Stromerzeugung verfügbare Wasser – von 76,3 Prozent nach 106,7 Prozent im Jahr zuvor wirkte sich unmittelbar auf die Stromerzeugung des Konzerns aus, diese brach um über 17 Prozent ein, der Stromabsatz ging um 18,7 Prozent zurück. Auch der Wärmeabsatz sank wegen der wärmeren Witterung im abgelaufenen Winter um 8,1 Prozent. Derzeit sei die Wasserführung ebenfalls "schlecht", sagt Güthlein, 2023 drohe, was die Erzeugung betrifft, wie 2022 "hochgradig volatil" zu werden. Dennoch rechnet die Kelag mit einem höheren Gewinn als im Rekordjahr 2022. Dies liege aber nicht am eigenen Ergebnis, sondern an der lukrativen Verbund-Beteiligung. Die Kelag ist zweitgrößter Aktionär an der VHP. Diese habe bereits signalisiert, dass der Gewinn heuer weiter steigen werde.

Bisher keine neuen Strompreiserhöhungen

Anders als viele andere Stromerzeuger hat die Kelag im zweiten Halbjahr 2022 bzw. im laufenden Jahr für Bestandskunden im eigenen Bundesland keine weiteren Strompreiserhöhungen durchgeführt und eine "Garantie" für die erste Jahreshälfte 2023 abgegeben, den Preis nicht anzuheben. Ziel bleibe es aber, auch im Vertrieb – und nicht nur in der Erzeugung und mittels Beteiligungen – "perspektivisch" einen "moderaten adäquaten Gewinn zu machen", erklärt Güthlein. Man habe aber "Grund zur Hoffnung, dass die Großhandelspreise unten bleiben".

Dennoch sind die Marktpreise weiter hoch: Der (zukunftsgerichtete) Österreichische Strompreisindex für Mai 2023 fiel gegenüber dem Vormonat zwar um 3,3 Prozent, liegt aber im Vergleich zum Mai des Vorjahres 2022 um 135,4 Prozent höher. 

Für Neukunden senkt die Kelag den Preis – von 35 auf 27 Cent netto. Ob und in welchem Ausmaß sie den Strompreis für Bestandskunden erhöhen wird, sei derzeit offen, betont Güthlein. Vorerst beobachte man die Preisentwicklung am Markt. "Ich will nicht spekulieren und dazu nichts sagen, Ende Juni werden wir entscheiden."

"Sehr zufrieden" mit Regierungsprogramm

Sehr freundliche Worte findet Güthlein für das SPÖ/ÖVP-Regierungsprogramm, das eine Art "Energiewende" vorsieht und die Bremse bei Freiflächen-PV und Windrädern lösen will. "Ich bin sehr zufrieden", sagt Güthlein. Der Energiemasterplan müsse nun stärker überarbeitet werden, man brauche ein klares Zielbild auch für den Netzausbau. "Der Weg ist jetzt frei, auch wenn das Regierungsprogramm noch reichlich unkonkret ist." Erst letzte Woche fand die Verhandlung zur Umweltprüfung UVP für den Windpark Lavamünd statt. "Ich erwarte mir, dass solche Projekte seriös geprüft werden", meint Güthlein.