Dass die Kollektivvertragsverhandlungen in diesem Herbst eine echte Herausforderung - für Arbeitnehmer und Arbeitgeber - sein würden, war von vornherein klar. Nachdem nun immer Branchen mit ihren KV-Runden gestartet sind, zeigt sich, wie intensiv und teilweise konfliktbeladen die Verhandlungen tatsächlich laufen. Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Inflationsraten in Österreich, fallen auch die Forderungen der Gewerkschaft entsprechend hoch aus.

Metaller

Traditionell gilt den Metallern besonderes Augenmerk, sie eröffnen die Herbstlohnrunden nicht nur, ihr Abschluss gilt in der Tendenz häufig auch als eine gewisse Richtschnur für andere Branchen. Bis es bei der Metalltechnischen Industrie (FMTI) tatsächlich zu einem Abschluss kommt, dürfte es aber noch dauern. Gewerkschaft und Arbeitgeberseite liegen noch Welten auseinander. Der Forderung von 10,6 Prozent Lohn- und Gehaltsplus steht ein Angebot von 4,1 Prozent gegenüber. Diese Diskrepanz führte in der zweiten KV-Runde zu einem Abbruch und zu Betriebsversammlungen. Am kommenden Montag wird weiterverhandelt.

Die Arbeitgeber wollen auch die "Anti-Teuerungspakete der Bundesregierung" miteinberechnen, die speziell den Anteil der nicht im Inland entstehenden Inflation abdecken, wie die Arbeitgeber begründen. Die Arbeitnehmervertreter der Gewerkschaften GPA und PRO-GE lehnen diese Einberechnung ab. Für den Fall, dass es am Montag abermals zu keiner Einigung kommt, stellten die Gewerkschaften bereits weitere Kampfmaßnahmen in Aussicht.

Handelsbranche

Für die 430.000 Beschäftigten im Handel fordert die GPA um zehn Prozent mehr Gehalt - diese Forderung wurde am Dienstag bei der ersten Verhandlungsrunde artikuliert. Zugleich wies GPA-Chefverhandlerin Helga Fichtinger den Wunsch der Arbeitgeber, die Teuerungshilfen der Regierung in den Kollektivvertragsverhandlungen zu berücksichtigen, zurück. "Die Beschäftigten würden sich dann ihre Gehaltserhöhung mit ihrem Steuergeld selbst bezahlen", argumentiert sie in einer Aussendung. Als Verhandlungsbasis wurden gemeinsam 6,9 Prozent Inflation vereinbart.

Nach der Verhandlungsrunde erklärte Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik, dass "Wunsch und Wirklichkeit noch ein großes Stück auseinander liegen" würden. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 3. November wollen die Arbeitgeber die Forderungen der Gewerkschaft analysieren und dieser dann ein Paket unterbreiten.

Sozialwirtschaft

Für viel Aufsehen sorgte in dieser Woche die zweite Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten des privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereichs. Sie ist am Mittwoch nach rund zwölf Stunden ergebnislos abgebrochen worden. Die Arbeitnehmervertreter fordern ein besonders dickes Gehaltsplus von 15 Prozent - mindestens aber 350 Euro. "Die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheits- und Sozialbereich sind seit drei Jahren im Krisen-Dauereinsatz. Sie brauchen eine Abgeltung deutlich über der Teuerung, damit sie sich ihr Leben weiter finanzieren können", argumentiert Eva Scherz, Chefverhandlerin der Gewerkschaft GPA.

Die Arbeitgeber Die Arbeitgeber besserten ihr Angebot von 7,18 auf 7,5 Prozent, mindestens 150 Euro, auf. "15 bzw. 20 Prozent liegen aber jenseits aller Vorstellungswelten", so der Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), Walter Marschitz. Er warf den Arbeitnehmervertretern vor, mit ihrer Forderung die Hoffnung auf eine baldige Einigung "zerstört" zu haben.

Beamte

Nach den Metallern, dem Handel und der Sozialwirtschaft haben am Donnerstag auch die Beamten ihre Gehaltsverhandlungen eröffnet. Der für die Beamten zuständige Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) dabei die relevanten Wirtschaftsdaten für die weiteren Gespräche außer Streit gestellt. Eine konkrete Forderung oder ein zahlenmäßiges Angebot hat es noch nicht gegeben.

Zum Auftakt ging es traditionell um eine Einschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Dabei haben beide Seiten außer Streit gestellt, dass die Inflation der letzten vier Quartale bei 6,9 Prozent liegt und das prognostizierte Wirtschaftswachstum für das heurige Jahr bei 4,75 Prozent. Diese Parameter bilden wie immer die Grundlage für die weiteren Verhandlungen. Weiters hat man sich darauf verständigt, dass das neue Gehaltsabkommen mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten soll. Fortgesetzt werden die Gespräche am 11. November.

A1-Telekom und Postbus-Beschäftigte

Nun sind auch die Beschäftigten der A1 Telekom Austria und der ÖBB-Tochter Postbus in die Herbstlohnrunde eingestiegen. Für die A1 fordert die Belegschaft - wie schon die Metallindustrie - ein Plus von 10,6 Prozent. Die Kollegen vom Postbus wiederum haben einen Kavalierstart hingelegt und wollen 11,65 Prozent plus sowie einen Sockelbetrag von 300 Euro. Etwas zurückhaltender war zuletzt der Handel mit einer Forderung nach zehn Prozent mehr Lohn und Gehalt.

Bei der teilstaatlichen, börsennotierten Telekom hat sich die Belegschaftsvertretung für ihre rund 10.000 Beschäftigten heute jedenfalls schon in Position gebracht. In einer Vorab-Umfrage hätten sich über 80 Prozent der Teilnehmenden dazu bereit erklärt, zur Erreichung dieses Zieles an gewerkschaftlichen Maßnahmen teilzunehmen. Die Telekommunikationsbranche sei Gewinnerin der Coronakrise, es herrsche "eine Art Goldgräberstimmung", so A1-Betriebsratschef Werner Luksch am Freitag in einer Aussendung.

Eisenbahner

Unrund läuft es derzeit auch bei den Bahnen. Die Gewerkschaft vida hat - nach der bisher erfolglosen Forderung nach Sonder-KV-Verhandlungen - nun Betriebsversammlungen für den 25. Oktober angekündigt. Angedroht wurden diese bereits vor zehn Tagen.

"Wir fordern 500 Euro für jeden, auf alle KV- und Ist-Gehälter, 250 Euro auf die Lehrlingseinkommen sowie die Erhöhung der valorisierbaren Nebengebühren um die rollierende Inflation", bekräftigte heute Gerhard Tauchner, stv. Vorsitzender des vida-Fachbereichs Eisenbahn. Die Versammlungen würden "unter großer Bedachtnahme auf die Bedürfnisse unserer Fahrgäste einberufen", versprach er.

Start der Betriebsversammlungen ist am 25. Oktober in Wien sowie in Innsbruck jeweils von 13 bis 14 Uhr. Fortgesetzt werden die Betriebsversammlungen in der Woche von 2. bis einschließlich 7. November tageweise in allen Bundesländern. "Beeinträchtigungen im Zugverkehr können von 2. bis 7. November dabei nicht ausgeschlossen werden und hängen davon ab, wie stark die Beschäftigten von ihrem Recht auf Teilnahme an den Versammlungen Gebrauch machen werden", so die vida.

Friseure

Anfang der Vorwoche startete auch die Lohnrunde für Friseurinnen und Friseure. Christine Heitzinger, Vorsitzende des Fachbereichs Dienstleistungen in der Gewerkschaft Vida, hat für die derzeit bestehenden Einkommen unter 1600 Euro brutto eine kräftige Erhöhung gefordert - und nannte "eine branchengerechte Lösung zur nachhaltigen Abfederung der Teuerung und das Erreichen der 2000 Euro Brutto-Mindestlohns" als Ziele. Diese Forderung würde in der Friseurbranche eine mehr als 20-prozentige Einkommenserhöhung bedeuten.

Kosmetiker und Masseure

Die Gewerkschaft vida forderte Ende der Vorwoche auch die Arbeitgeber des Kosmetik-, Fußpflege- und Masseurgewerbe zu Sonder-Kollektivvertragsverhandlungen auf. Angesichts der starken Teuerung müsse der Brutto-Mindestlohn von derzeit 1610 Euro auf 2000 Euro steigen. Dabei treffe die Teuerung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Branche ganz besonders hart, immerhin sei der Anteil von Teilzeitarbeit überdurchschnittlich hoch. "Und hier sind vor allem Frauen betroffen, oft alleinerziehende Kolleginnen, die die explodierenden Preise an den Rand der Existenz bringen", so vida-Vertreterin Christine Heitzinger.