Die Preisspirale für Treibstoff dreht sich weiter: Wer Donnerstagnachmittag den Tank auffüllte, zahlte im Schnitt 2,079 Euro für einen Liter Diesel bzw. 1,961 Euro für einen Liter Superbenzin – und somit erstmals mehr als 2 Euro je Liter Diesel. "Innerhalb von 24 Stunden ein Plus von 9 bzw. 7 Cent", erklärt Martin Grasslober, Leiter der Verkehrswirtschaft des ÖAMTC. Der vorläufige Höhepunkt einer schwindelerregenden Preisrally: Vor einem Monat kostete ein Liter Treibstoff noch rund 70 Cent weniger als jetzt. Die Kurve für Rohölpreise gleicht einer Hochschaubahn. Noch am Montag kratzte der Preis für ein Fass (159 Liter) Rohöl der Nordsee-Sorte Brent an der 140-Dollar-Marke – 10 Euro unter dem Allzeithoch 2008 –, eine scharfe Gegenbewegung ließ den Preis am Mittwoch auf 111 Dollar purzeln.

Spritpreise steigen schneller als Ölpreis

An den Tankstellen merkt man davon nichts. "Dass die Spritpreise seit Anfang Februar doppelt so stark gestiegen sind wie der Rohölpreis, ist für uns nicht nachvollziehbar", sagt Grasslober. Der WKÖ-Fachverband der Mineralölindustrie widerspricht. Im Moment schwankten die Rohölpreise untertags stark, um bis zu zehn Prozent. Ausschlaggebend für die Preise an der Zapfsäule sei der Zeitpunkt des Einkaufs. "Trotz der hohen Preise sei die Nachfrage nach Kraftstoffen derzeit unglaublich hoch", sagt Geschäftsführerin Hedwig Doloszeski. "Wir setzen jetzt enorme Mengen ab, die Angebotssituation ist daher extrem angespannt." Im Vergleich zu den meisten Nachbarländern kosten Benzin und Diesel bei uns noch wenig, der Tanktourismus floriere daher. Außerdem wird Heizöl "wie wild nachgefragt", das treibt den Preis für (äquivalenten) Diesel. Der schwächelnde Euro verteuert (in Dollar gehandeltes) Rohöl zusätzlich.

Hauptprofiteur ist der Staat

Hauptprofiteur steigender Preise ist der Staat: Die Tankrechnung resultiert aus dem Produktpreis, dem Gewinnaufschlag sowie der Mehrwert- und Mineralölsteuer. Der Steueranteil liegt zwischen 49 (Diesel) und 54 Prozent (Super). Ab 1. Juli werden zusätzlich 8 bis 9 Cent pro Liter für den CO₂-Ausstoß fällig, was allen voran die Wirtschaftskammer zum Anlass nimmt, eine Verschiebung des CO₂-Preises zu fordern.

Seit November 2020 verdoppelte Kosten für Sprit alarmieren indes nicht nur Autofahrerklubs und Wirtschaftsvertreter. Die Stimmen von Politikern, die nach staatlichen Eingriffen zur Dämpfung des Preisauftriebs rufen, wurden gestern lauter. Konkret geht es um eine Streichung bzw. Reduktion der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe.

Frächter fordern dringende Entlastung

Eine andere Meinung haben dazu naturgemäß die heimischen Transporteure. Sie fordern eine "dringende Entlastung", konkret eine "substanzielle" Senkung der Mineralölsteuer. Branchenobmann Alexander Klacska verweist auf eine Umfrage, wonach bei den Transporteuren aktuell ohnehin bereits eine gedämpftere Stimmung als zuletzt herrsche. Das habe noch primär mit dem Mangel an verfügbaren Arbeitskräften zu tun. Die steigenden Energiepreise würden die Lage nun weiter verschärfen.

Maximal 480 Forint je Liter in Ungarn

Andere EU-Länder sind beim Bremsen der Spritpreise jedenfalls schon weiter: In Ungarn wurden im November die Treibstoffpreise gedeckelt – bei maximal 480 Forint, aktuell 1,26 Euro, allerdings mit der Folge, dass Tankstellenpächter um ihre Existenz fürchten müssen. Polen senkte die Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel von 23 auf acht Prozent, das verbilligt Sprit um bis zu 20 Cent je Liter. Irland folgt dem Beispiel und kürzt bis Ende August die Steuer auf Benzin um 20 Cent, jene auf Diesel um 15 Cent. Natürlich zulasten des Staatshaushalts.