Das Match zwischen Grünen und ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) sowie Spitzenvertretern der türkis-dominierten Wirtschaftskammer gewinnt weiter an Schärfe – im Zentrum des Konflikts stehen mit Sabine Jungwirth, Sprecherin der Grünen Wirtschaft, sowie WB-Generalsekretär Kurt Egger zwei Steirer. Inhaltliche Basis für den wortgewaltigen Schlagabtausch ist der Vorwurf der Grünen Wirtschaft, die Wirtschaftskammer torpediere systematisch die Klimapolitik. Gestern demonstrierten auch Vertreter von „Fridays for Future“ vor den Wirtschaftskammern. Jungwirth hat nun sogar zu einem Boykott der Kammer-Mitgliedsbeiträge aufgerufen. „So lange die WKÖ diesen Kurs fährt, rufen wir dazu auf, die Zahlung der Beiträge zu stoppen.“

Sie selbst habe ihre Vorschreibung bereits „on hold gesetzt“, wie Jungwirth betont. Sobald der Bescheid bei ihr einlange, werde sie dagegen vor dem Landesverwaltungsgericht beeinspruchen, ein entsprechender Brief sei bereits an die steirische Wirtschaftskammer übermittelt worden. Ihre Begründung: „Die Wirtschaftskammer agiert gegen meine wirtschaftlichen Interessen, wir alle zahlen schließlich die Kosten dieses Nichtagierens in wesentlichen Klimafragen.“ Es hätten sich bereits zahlreiche andere WK-Mitglieder bei ihr gemeldet, die sich dem Boykott anschließen wollen, so Jungwirth. Die zuletzt bekannt gewordene WKÖ-Analyse zum Klimaschutzgesetz sei „an Ignoranz gegenüber realen Notwendigkeiten und wirtschaftlichen Interessen der eigenen Mitglieder kaum zu überbieten“.

"Offener Aufruf zum Rechtsbruch"

WB-General Egger kontert scharf. Jungwirth rufe offen zum „Rechtsbruch“ auf, das sei eine „Verachtung der Demokratie, der Leistung der österreichischen Unternehmer und ihrer Mitarbeiter und ein Aufruf zur Anarchie“. Man habe es anscheinend mit einer „parteiinternen Quertreiberin und interessenpolitischen Geisterfahrerin zu tun“, so Egger. Denn er ortet Widersprüche. Jungwirth habe in einem Facebook-Posting auch die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung und damit auch der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler als „Lügenmärchen“ bezeichnet. Daher hoffe er auf ein Machtwort innerhalb der grünen Partei.

Jungwirth spricht indes von einer „bewussten Fehldarstellung“. Sie habe in dem Posting auf einen Beitrag im WDR verwiesen, in dem es darum ging, wie die Öllobby mit Wasserstoff Greenwashing betreibe, die Bundesregierung habe sie mit keinem Pieps erwähnt. Sie stehe aber dazu, dass man Wasserstoff, dessen Herstellung sehr energieintensiv sei, „differenziert betrachten muss. Es gibt Anwendungsbereiche in der Industrie und auch bei Lkw-Antrieben, die wichtig und gut sind, aber Wasserstoff ist sicher nicht die Lösung für alles.“

"Irgendwann ist Schluss mit lustig“

Egger hat für „Jungwirths Kammer-Bashing kein Verständnis, sie versucht andauernd, eine Organisation zu verunglimpfen, deren Funktionäre und Mitarbeiter gerade in den letzten zwölf Monaten unter schwierigen Bedingungen ihre Leistung gebracht haben, irgendwann ist Schluss mit lustig.“