Die Situation auf dem Rohstoffmarkt spitzt sich immer weiter zu. Metall, Holz, Kunststoffe – nahezu alle Branchen sind mit zu geringen Verfügbarkeiten, Lieferschwierigkeiten und -verzögerungen sowie enormen Preissteigerungen konfrontiert. Die Kärntner Industrie bildet da keine Ausnahme. "Es ist eine schwierige und beunruhigende Situation", sagt Arno Sorger, Geschäftsführer der Feldkirchner Firma Haslinger Stahlbau.

Das Problem sind die fehlenden Vorprodukte. Konkret geht es hier um Profile und Träger, welche für die von Haslinger weltweit zu errichtenden Stahlkonstruktionen benötigt werden. Noch sei die Verfügbarkeit gegeben, die Preise hätten allerdings um 40 Prozent zugelegt. Bei Grob- und Dünnblechen, seien es sogar Preissteigerungen von bis zu 100 Prozent. Und auch wenn das Material jetzt noch verfügbar ist, "weiß man nicht, was in drei Wochen sein wird". Mitverursacht werde das Problem unter anderem durch das Fehlen von Schrott, der zur Stahlerzeugung eingesetzt wird. Weil die Nachfrage so massiv sei, benötige beispielsweise China den gesamten Schrott selbst und kaufe außerdem noch zu. Zusätzlich würden bedingt durch Corona aktuell weniger Autos verschrottet.

Arno Sorger, Geschäftsführer von Haslinger Stahlbau: Es ist eine schwierige und beunruhigende Situation
Arno Sorger, Geschäftsführer von Haslinger Stahlbau: Es ist eine schwierige und beunruhigende Situation © Markus Traussnig

Nachsehen bei Kalkulation von Großprojekten

Die schwindelerregenden Preissteigerungen seien aber vor allem auch für die Kalkulation der Großprojekte ein Problem: "Wenn neue Verträge abgeschlossen werden, werden Festbeträge vereinbart. Und es ist gerade schwer zu sagen, wo die Reise bei den Preisen hingeht", so Sorger. Er macht sich "große Sorgen, wie es im dritten und vierten Quartal 2021 weitergeht". Es sei zu befürchten, dass "wenn man vorsichtiger kalkuliert, gegenüber Spekulanten  nicht zum Zug kommt", weil es ja um Bestpreise gehe. 

"Wahnsinnige Nachfrage" nach EPS-Dämmstoffen

Massiv steigende Rohstoffpreise treffen auch die Hersteller in der Kunststoffbranche schwer.  Hirsch-Servo, Produzent von Verpackungen und Dämmstoffen aus Porozell (EPS), berichtet von Preissteigerungen von 150 Prozent seit Jahresanfang. Bei einem Materialanteil von 60 Prozent am Produktpreis schlägt sich das in enorm steigenden Endpreisen für Kunden nieder. Diese werden derzeit auch bezahlt, sagt Vorstand Harald Kogler, denn "die Baubranche boomt, die Nachfrage ist ein Wahnsinn." Hirsch Servo kauft als Vorprodukt EPS als Schüttgut zu, dieses liefern Firmen wie BASF oder Synthos. Weil einzelne Raffinerien und Hersteller in Europa zeitweise stillgestanden sind, und die ohnehin reduzierte Produktionsmenge von der chinesischen Wirtschaft "wie von einem Staubsauger" inhaliert worden ist, eskalieren die Preise. "Wir rechnen aber mit einer nahenden Entspannung", sagt Kogler.

"Folge des Peitschenschlageffekts"

Auf eine Normalisierung der Preise hofft auch Arthur Primus, Geschäftsführer der Europlast in Dellach/Gailtal. Das Unternehmen erzeugt etwa hochwertige Kunststoffboxen oder Wertstoffsammelbehälter. Die derzeit doppelt so hohen Materialpreise an Kunden weiterzugeben sei nicht möglich. Dank einer "cleveren Lagerstrategie" kann Europlast - noch - mit Mischpreisen kalkulieren. Mitbewerber mussten bereits Kurzarbeit anmelden, sollten die Einkaufspreise so hoch bleiben, drohten reihenweise Pleiten, fürchtet Primus. Und das trotz einer "brutal hohen Nachfrage." Denn es sei "nicht so lustig, wenn man viel produziert und am Schluss bleibt fast nichts übrig." Primus nennt einen weiteren Grund für die verrückt spielenden Preise von Vorprodukten: "Global befeuern Regierungen ihre Wirtschaft durch Investitionsförderungen. Deshalb komme es zu einem "Peitschenschlageffekt", weil "alle gleichzeitig investieren." Für knappe Güter bedeutet das: Die Preise schießen nach oben.

"Der Markt ist voll angesprungen"

Und das ist auch im Maschinenbau der Fall. 35 bis 40 Prozent betragen die Preissteigerungen bei Rohstoffen, sagt auch Hans Kostwein, Chef des gleichnamigen Klagenfurter Maschinenbauers. Einfache Komponenten wie Elektronikbauteile, Antriebe oder Motoren seien nicht lieferbar, Engpässe würden dem Einkaufsteam bei Kostwein größte Flexibilität abverlangen. Zum Teil müssten Händler in ganz Europa abgefragt werden.  "Material, das früher innerhalb von zwei Tagen nach Bestellung da war, braucht jetzt bis zu acht Wochen", sagt Kostwein. Man sei permanent auf der Suche nach Lagern auch von Sublieferanten, die quasi "geplündert werden können". Und dann stelle sich auch die Frage, wie Preiserhöhungen an Kunden weitergegeben werden können. "Der Markt ist voll angesprungen, und die Auftragseingänge ungebrochen. Wir kämpfen darum, sie umzusetzen, haben aber die Sorge, bald nicht mehr in entsprechendem Ausmaß liefern zu können", äußert sich Kostwein besorgt. Die Folge wäre Kurzarbeit bei vollen Auftragsbüchern, weil Material fehlt.

Der Maschinenbauer Kostwein muss zum Teil Händler in ganz Europa wegen fehlender Teile abfragen
Der Maschinenbauer Kostwein muss zum Teil Händler in ganz Europa wegen fehlender Teile abfragen © Markus Traussnig

Mit Versorgungsengpässen bei einfachen Grundchemikalien hat auch die Treibacher Industrie AG zu kämpfen. Und nicht nur das, so Sprecher Joachim Hohenwarter, auch "teils banale Versorgungs- und Verpackungsgüter wie Blechbehälter oder Holzpaletten würden fehlen. Was die Hauptrohstoffe im Bereich der Seltenen Erden betreffe, habe man umfassende Maßnahmen gesetzt, und ein entsprechendes Lager.