Die Knapp AG will bis Frühjahr nächsten Jahres rund 1000 neue Mitarbeiter einstellen. Das ist nicht nur in Coronazeiten eine gigantische Zahl. Ab wann beginnt die Suche?
GERALD HOFER: Die läuft bereits auf Hochtouren. Das Fragezeichen dahinter ist, ob wir es schaffen, genug qualifiziertes Personal zu bekommen, das wird sicherlich eine Herausforderung. Hier sollen auch zwei neue Trainingszentren in Graz-Messendorf und in den USA eine wichtige Rolle spielen.

Neben dem Mitarbeiteraufbau stehen auch Erweiterungen an vielen Standorten bevor. Wie viel wird investiert?
Das ist immer schwer zu sagen, weil wir teilweise auf Zusagen für Grundstücke und auf Baugenehmigungen warten, daher ist nie ganz klar, welches der Projekte sich in welcher Periode materialisieren lässt. Aber wir investieren jedes Jahr zwischen 30 und 50 Millionen Euro und rund sechs Prozent unseres Umsatzes, der in diesem Geschäftsjahr bei etwas über einer Milliarde Euro liegen wird, in Forschung und Entwicklung.

Sie blicken mit Zuversicht nach vorne ...
Ich bin ein gnadenloser Optimist. Wir machen das nur ganz selten, dass wir da so auf die Pauke hauen. Wir wollen das in aller Demut kommunizieren, aber auch ein positives Signal aussenden und zeigen, dass die Zeiten wieder besser werden. Wir sind der Meinung, dass positive Signale derzeit extrem wichtig sind.

Hat die Coronakrise gar keine Spuren hinterlassen?
Doch. Es war eine Achterbahnfahrt für uns. Voriges Jahr im März wussten wir nicht, wie es weitergeht, plötzlich waren alle Baustellen eingestellt. Unser Lebensnerv war durchtrennt. Aber aus diesem Tief haben wir uns herausgearbeitet, indem wir einmal alle Anlagen und unsere Fertigung am Laufen gehalten haben. Dann ist es nach und nach wieder angelaufen – und jetzt reden wir über eine große Expansion. Aber lange war auch für uns nicht klar, wie die Kunden reagieren werden und ob Projekte womöglich jahrelang eingestellt werden.

Wie soll sich der Umsatz entwickeln?
Wir haben im letzten Geschäftsjahr knapp über eine Milliarde Euro umgesetzt, wir werden das in diesem Geschäftsjahr auch erreichen, wir konsolidieren uns auf diesem Niveau, wobei uns natürlich im ersten Quartal schon viel Umsatz weggefallen ist, weil wir ja keine Projekte realisieren konnten. Wir wollen im nächsten Geschäftsjahr umsatzmäßig aber schon massiv drauflegen, so wie wir Mitarbeiter aufbauen, muss natürlich auch der Umsatz entsprechend mitwachsen. Das heißt, wir streben da schon 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro an.

Profitiert das Unternehmen derzeit ganz besonders vom E-Commerce-Boom?
Das ist im Moment ein großer Treiber. Aber wir sind viel breiter aufgestellt, nicht nur im E-Commerce, sondern auch in der Filialbelieferung und -automatisierung. Alles, was beispielsweise kontaktloses Einkaufen betrifft, Apothekenautomation oder 24-Stunden-Terminals. Auch in vielen Industrieunternehmen spielt Knapp-Technologie in der Produktion eine wichtige Rolle.

Die Knapp AG weist eine Epxportquote von 98 Prozent aus, für viele Mitarbeiter gehört das Reisen rund um den Globus dazu. Wie funktioniert das in Corona-Zeiten?
Es ist nach wie vor so, dass wir Reisen auf das Wesentliche reduzieren, das sind unsere Helden, die in den Ländern, auf den Baustellen, direkt an den Anlagen ihren Dienst machen - um diese zu bauen oder in Betrieb zu halten. Wir versuchen natürlich, das Reisen so sicher wie möglich für unsere Mitarbeiter zu gestalten. Große Marketingveranstaltungen oder Messen fallen derzeit flach. Das haben wir alles ins Netz verlegt.

Wie?
Wir haben für unsere Kundenveranstaltungen ein eigenes kleines Fernsehstudio gebaut, wo wir permanent auf Sendung sind. Wir können auch virtuell durch unseren Technologiepark führen und das remote herzeigen. Es hat sich also vieles virtualisiert. Aber natürlich merken wir auch, dass persönlicher Kontakt auch nottut. Die Reisefreiheit für technisches Personal, das Management und all die Leute, die auch die Leistungserstellung durchführen müssen, ist für uns ganz wichtig.

Wie schaut es mit dieser Reisefreiheit derzeit aus?
Das hatte sich zwischenzeitlich schon gebessert, ist jetzt aber mit dem Ansinnen, eine Pandemie durch Grenzschließungen, sogar innerhalb von Österreich, zu stoppen, wieder schlechter geworden. Aber mit all den Mühen - Quarantäne, Testen, Sondervisum beantragen - schaffen wir das irgendwie. Für die Lieferketten ist es auch nicht gut, wenn wir nicht wissen, wie lange die LKWs an der deutschen Grenze stehen und sich damit nicht abschätzen lässt, wie lange wir auf einzelne Teile warten müssen. Das tut der Wirtschaft insgesamt nicht gut, das hört man ja auch aus anderen Zweigen. Hier sehe ich schon die Gefahr, dass wir jetzt im letzten Drittel der Krise, durch völliges Überreagieren auch den industriellen Aufschwung abwürgen. Ich hoffe nicht.

Welche Märkte sind für die Knapp AG derzeit besonders spannend?
Das größte Wachstum verzeichnen wir am US-Markt, hier sind einige sehr große Roll-Outs dahinter bei sehr namhaften Kunden, die ich Ihnen aber nicht nennen darf. Aber insgesamt ist das Wachstum gut verteilt, wir dürfen in Rumänien gerade ein schönes Projekt bauen, wir haben in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und gerade auch in England große Projekte bekommen. Auch in Lateinamerika sind wir gut unterwegs, dürfen eine riesige Referenz in Brasilien bauen und eine in Chile erweitern. Da geht es toll zur Sache. Auch in Asien haben wir immer wieder interessante Highlights. 

Wo reiht sich so ein Projekt wie die Ausstattung des Douglas-Distributionszentrums für Arvato in Deutschland ein? Das Auftragsvolumen liegt bei 50 Millionen Euro, fällt das in die Kategorie sehr großer Auftrag?
Für uns ist das mittlerweile ein Projekt mittlerer Größe, da ist die Range in etwa 20 bis 50 Millionen Euro. Wir bauen aber auch Projekte, die 100, 150 oder jetzt sogar 300 Millionen Euro groß sind, wobei sich die dann natürlich über zwei oder drei Jahre erstrecken. Aber wir sind ja auch ein Software-House und verkaufen gerne auch nur Software, etwa zur Optimierung, ohne Anlage. Wir sind ein Systemhaus und schauen, dass wir eine möglichst große Verbreitung haben. Wir liefern etwa auch Ressourcenmanagement-Programme an Kunden, die jetzt keine Knapp-Anlagen haben, sondern nur dieses Software-Programm benötigen. Wir wollen in all diesen Wertschöpfungsketten vorkommen und sind nicht nur auf die großen Anlagen fixiert. Das Geschäftsmodell ist so, dass wir ein Systemhaus sind, das Technologie liefert und natürlich bauen wir gerne Anlagen hier in Graz, aber wir programmieren hier auch mit 1000 Leuten in der Steiermark.