Während BMW am Standort Steyr investiert, geht MAN den umgekehrten Weg. Wie mehrfach berichtet, will die VW-Tochter MAN das Werk in Steyr bis 2023 schließen und die Produktion nach Polen verlagern. In der Region Steyr stellt man sich massiv gegen diese Pläne, denn es seien nicht nur die 2300 Jobs des Standortes betroffen, sondern insgesamt rund 6000 Arbeitsplätze bei den vielen Zulieferbetrieben. Freitag der Vorwoche haben die Bürgermeister von Steyr und 23 weiteren Gemeinden einen Appell an die Konzernleitung unterzeichnet, vom geplanten Aus für die Lkw-Fertigung abzurücken.

Doch am Dienstag kündigte der Lkw- und Bushersteller MAN die Beschäftigungssicherungs- und Standortverträge für die Werke in Deutschland und Österreich (Steyr) aus wirtschaftlichen Gründen zum 30. September. Sollten sich Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bis Ende 2020 bei in Kürze beginnenden Gesprächen auf eine Neuausrichtung von MAN einigen, könnten abhängig vom Verhandlungsergebnis die Sicherungsverträge ganz oder teilweise wieder in Kraft gesetzt werden, teilte MAN am Dienstag mit.

Neuausrichtung von MAN

Von der jetzigen Kündigung seien auch die übertariflichen Leistungen betroffen, die ebenfalls mit diesem Vertragswerk zusammenhängen würden. Sollte es bis Jahresende keine Einigung geben, würden die Vereinbarungen gemäß ihrer individuellen Fristen zum Jahresende oder im Jahr 2021 auslaufen, hieß es in einer Presseaussendung.

Personalvorstand und Arbeitsdirektor Martin Rabe war sich sicher, dass "wir sehr zeitnah zu konstruktiven und zielgerichteten Verhandlungen kommen können." Trotz der Aufkündigung der Sicherungsverträge sei man dennoch entschlossen, die Neuausrichtung des Unternehmens so sozialverträglich wie möglich zu gestalten.

Kampf, aber kein Streik

"Kämpferisch und auch zuversichtlich", gab sich der MAN-Arbeiter-Betriebsratschef in Steyr, Erich Schwarz. Er sah als ersten Schritt rechtliche Maßnahmen. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Standort- und Beschäftigungssicherungsverträge in München im Dezember 2018 und in Steyr ein Jahr darauf unterschrieben wurden, müsse man fragen ob das kündbar sei und ob MAN mit der Klausel aussteigen dürfe.

"Wir könnten streiken, aber ob uns da geholfen ist, weiß ich nicht." Es gelte in den kommenden Gesprächen auszuloten, "inwieweit ist der Vorstand bereit, Änderungen herbeizuführen", sagte Schwarz zur APA. Freilich sei man unter Druck, am Mittwoch und am Freitag seien Aufsichtsratssitzungen, dann werde beratschlagt, wie die Arbeitnehmervertreter vorgehen. Die Aufkündigungen seien konzernweit angelegt, es gelte eine Restrukturierung einzuleiten, es gehe um neue Antriebstechnologien, den Klimawandel. "Darum wurden so drastische Schritte eingeleitet, die meiner Meinung nicht zielführend sind".

Zuversicht bei Betriebsrat

"Wenn wir die Werksschließung abwenden können - und davon gehe ich aus - muss man sagen, in welchem Umfang was wo produziert werden wird." Es brauche dann einen Restrukturierungsvertrag und einen neuen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag. Der ganze Konzern sei in sich sehr abhängig. Wenn in Steyr oder in München einen Tag nicht produziert werde, "steht die ganze MAN", so Schwarz.

Der Standortsicherungsvertrag, der den Bestand des Unternehmens in Steyr bis 2030 sichern sollte, sei mit Vorsicht zu genießen, hatte Elias Felten, Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Linzer Johannes Kepler Universität, bereits in einem Gespräch mit der APA gesagt. Die Gefahr sei groß, dass dann im Ernstfall keine Ansprüche daraus ableitbar seien. Er kenne den konkreten MAN-Vertrag nicht, betonte Felten, allerdings sieht er ihn mit Vorbehalt: So müsse erst einmal geklärt werden, ob es sich tatsächlich um einen rechtsgültigen Vertrag handelt. Denn der Betriebsrat könne juristisch gesehen nur bei einer Betriebsvereinbarung bzw. einem Sozialplan mitbestimmen.