Die deutsche Finanzaufsichtbehörde Bafin hat einem Zeitungsbericht zufolge über Monate hinweg nur einen Mitarbeiter mit der Prüfung der Betrugsvorwürfe gegen den Zahlungsdienstleister Wirecard beauftragt. Trotz Verdachts seit Anfang 2019, sei "im Wesentlichen nur ein einzelner Mitarbeiter" mit der komplexen Prüfung betraut gewesen, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS).

Private Wirtschaftsprüfungsgesellschaften setzten dagegen bei ähnlich schwierigen Fällen in Großunternehmen nicht selten Dutzende von Bilanzierungsfachleuten ein. Die Bafin sah nach Informationen des Blatts bereits im Februar 2019 im Rahmen der Wertpapieraufsicht Anlass, den Vorwürfen gegen Wirecard nachzugehen. Doch nach geltendem Recht habe sie mit dieser Untersuchung die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) beauftragen müssen. Diese habe aber nur wenig Personal und stellte deshalb lediglich einen Mitarbeiter für die Untersuchung ab.

Bis heute kein Ergebnis

Bafin und DPR bestätigten laut FAS, dass die Sonderprüfung im Februar 2019 veranlasst worden sei, nannten aber keine weiteren Einzelheiten. Ein Ergebnis der Sonderprüfung durch die Finanzaufsicht liegt demnach bis heute nicht vor. Die fragwürdige Aufgabenteilung zwischen Bafin und DPR stehe auch im Zentrum der Kritik von Seiten der EU-Kommission an Deutschland im Fall Wirecard, berichtete das Blatt weiter. Die EU lässt mittlerweile die Rolle der deutschen Finanzaufseher in dem Bilanzskandal von der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde Esma überprüfen.

Der nach einem Bilanzskandal ums Überleben kämpfende deutsche Zahlungsabwickler Wirecard setzt trotz des Insolvenzantrags auf eine Fortführung des Geschäfts. "Der Vorstand ist der Meinung, dass eine Fortführung im besten Interesse der Gläubiger ist", teilte der Dax-Konzern am Samstag in Aschheim bei München mit. Unter den Gläubigern sind auch die Raiffeisen-Landesbanken Ober- und Niederösterreich.

Der Vorstand hatte für die Wirecard AG am vergangenen Donnerstag einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Die Prüfung, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird, dauert nach Angaben des Unternehmens an.

Der Geschäftsbetrieb der Konzerngesellschaften inklusive der lizenzierten Einheiten werde aktuell fortgesetzt, hieß es weiter. Es werde laufend geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard Gruppe gestellt werden müssen. Konzerngesellschaften mit Ausnahme einer kleinen Entwicklungsniederlassung hätten derzeit keine Insolvenzanträge gestellt.

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Wirecard hat diese Woche Insolvenz angemeldet, nachdem das Unternehmen eingestehen musste, dass in der Bilanz aufgeführte Barmittel von 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf asiatischen Bankkonten lagen, nicht auffindbar seien. Bafin-Präsident Felix Hufeld bezeichnete die Ereignisse als eine "Schande" für Deutschland. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat als Konsequenz aus dem Bilanzskandal eine Reform der deutschen Finanzaufsicht angekündigt.