Der Ausbau der 5G-Netze in Österreich könnte schon viel weiter sein, wenn sich alle öffentlichen Unternehmen der 5G-Strategie des Bundes unterwerfen würden, sagt Jan Trionow, CEO von Hutchison Drei. Besonders schwierig gestalte sich der Ausbau in Wien. "Ohne Wiener Wohnen und die Stadt Wien kann man in Wien de facto keine Netze bauen", so Trionow am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Für den 5G-Ausbau brauche es einen Kraftakt der Mobilfunkbetreiber und Investitionen in Milliardenhöhe, sagte Trionow. Gleichzeitig gerate "mancher Grundstücks- und Hauseigentümer in Goldgräberstimmung" und verlange für die Errichtung oder den Ausbau von Antennen-Standorten deutlich mehr Miete als bisher. "Das kann man in gewisser Weise natürlich nachvollziehen, ist aber nicht hilfreich, was den Ausbau der Netze betrifft - schon gar nicht hilfreich, wenn die öffentliche Hand so agiert."

Öffentliche Stellen wollen weiter Miete

"Einer der großen Meilensteine" bei der Umsetzung der 5G-Strategie sei die Novellierung des Telekomgesetzes im Dezember 2018 gewesen, sagte Trionow. Darin enthalten sei etwa ein Wegerecht für die Installation kleiner Antennen auf öffentlichem Grund. "Kurzfristig ist für den Ausbau der 5G-Netze eher der Ausbau der großen Mobilfunkantennen auf den Dächern und den Masten das Entscheidende" - dafür gebe es Wertminderungsrichtsätze vom Telekomregulator: Anstelle einer Miete soll es demnach eine einmalige Abgeltung für die Wertminderung geben. "Eine typische Wertminderung für eine Mobilfunkstation liegt bei 14.000 Euro." Diese Verordnung gebe es seit Herbst 2019.

Insgesamt sei man also mit der Richtsatzverordnung, einem guten Telekomgesetz und der Frequenzvergabe gut unterwegs - allerdings gebe es in der Praxis dennoch große Probleme, denn der Richtsatz stelle keine Verpflichtung dar, "und wir erleben derzeit eine Situation, dass sich fast alle größeren öffentlichen Organisationen gegen die Anwendbarkeit dieser Richtsatzverordnung stemmen".

1800 Gemeindebauten

"Diese Problematik stellt sich insbesondere auch in Wien. Wien ist in gewisser Weise einzigartig, weil Wien wie kaum eine andere Stadt eigene Infrastruktur besitzt." So habe Wiener Wohnen 1.800 Gemeindebauten und sei damit der größte Immobilieneigentümer in Europa. "Ohne Wiener Wohnen und die Stadt Wien kann man in Wien de facto keine Netze bauen." Das könnte zwar eine große Chance für den raschen 5G-Ausbau sein, praktisch sei das aber nicht der Fall, sondern "wir diskutieren eine große Anzahl von Problemen mit der Stadt Wien."

Der Diskussionsprozess sei zwar "konstruktiv", aber es gebe bisher wenige Ergebnisse. Man brauche vereinfachte und pragmatische Genehmigungsverfahren und eine Anwendung von normalen gesetzlichen Grenzwerten statt Sonderregelungen - das sei nicht der Fall, "so dass wir heute beim Ausbau von 5G in Wien in Wirklichkeit noch in einem sehr frühen Stadium sind". Es gebe noch "einige Dinge aufzuräumen", um bei der Genehmigung von Standorten schneller zu werden. Die Planung und der Bau einer Mobilfunkstation dauere nur vier bis sechs Wochen, praktisch brauche man dafür aber oft "deutlich über ein Jahr, mit all den Genehmigungsverfahren und Prozessen usw.".

4G am Kapazitätsgrenze

Teilweise würden die 4G-Netze bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, sagte der "Drei"-Chef, daher brauche man dringend den Ausbau von 5G, um die Kunden zufriedenzustellen. Im Bereich der hohen Frequenzen, die im letzten Jahr versteigert wurden, werde man 5G "nachfragegetrieben" ausbauen: "Dort wo 4G ins Schwitzen kommt, wird 5G aufgebaut, um mehr Kapazität und Geschwindigkeit für mobiles Breitband bereitzustellen." In den nächsten zwei Jahren würden also die wichtigen Siedlungsräume, die Landeshauptstädte und die Speckgürtel mit 5G versorgt werden. Im Bereich 700 MHz der neuen Frequenzauktion mit weitgehenden Versorgungsauflagen sei der weitgehend flächendeckende Ausbau bis 2025/26 vorgesehen.

Die Branche stehe in Österreich vor einem Dilemma, führte Trionow aus: Einerseits sei man am Ende der Konsolidierungswelle und brauche viel mehr Infrastruktur, um die Versorgungsauflagen gerade im ländlichen Bereich zu erfüllen, aber "wir haben keinen Faktor in uns selbst, um viel effizienter zu werden". Preiserhöhungen wären theoretisch zwar möglich, aber durch den Wettbewerb schwierig. "Die beste Möglichkeit wäre ein größeres Maß an Kooperation beim Ausbau der Netze zwischen den Netzbetreibern." Zum Glück würden das die Bedingungen der nächsten Frequenzauktion erlauben. Außerdem brauche man mehr Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und den Mobilfunkern.

Konsumenten würden 5G zunächst in Form höherer Bandbreiten und Geschwindigkeiten spüren, sagte Trionow. "Mit 5G wird es möglich sein, Kunden wirklich schnelle Internetverbindungen - 500 Mbit pro Sekunde und mehr - anzubieten, die bisher keine Option haben, diese Geschwindigkeiten zu kriegen." Vor allem darauf setze man im Moment sehr stark: "Unsere wesentlichen 5G-Endgeräte sind derzeit Routerprodukte." In Korea sei derzeit Cloud-Gaming auf dem Handy einer der stärksten 5G-Treiber, den man in Europa und Österreich nicht so stark sehe. "So gaming-verrückt sind die Österreicher nicht, dass das jetzt unmittelbar ein Riesentreiber für 5G sein könnte." Für die Zukunft sei das Thema User-Interface mit Virtual Reality und Augmented Reality sehr wichtig.

Das 5G-Interesse der Kunden in den Shops ist derzeit noch überschaubar. "Ein Massenphänomen ist es noch nicht, weil das Netz noch relativ klein ist." Greifbarer sei das Interesse hingegen schon bei Firmenkunden.