Der steirische Sensor-Spezialist ams kann den Münchner Lichttechnik-Konzern Osram übernehmen. Mehr als 55 Prozent der Osram-Aktionäre hätten das bis zu 4,6 Milliarden Euro schwere Übernahmeangebot angenommen, teilte ams am Freitag in Premstätten bei Graz mit. Ein genaues Ergebnis werde erst am Dienstag vorliegen.

Schon jetzt aber ist klar: Eine turbulente Zeit findet für die Steirer vorerst ein versöhnliches Ende. Denn lange sah es so aus, als würde die Übernahme scheitern. Wir blicken zurück auf die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate.

15. Juli 2019: An diesem Tag wird öffentlich bekannt, dass der steirische Sensorspezialist den traditionsreichen deutschen Beleuchtungsprofi Osram, ausgestattet mit nicht weniger bewegter, bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurückreichender Geschichte und akuten ökonomischen Schwierigkeiten, kaufen will. Um 38,50 Euro je Aktie, die US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle boten 35 Euro. Die Reaktionen auf das Übernahmeangebot der Österreicher fallen verhalten aus, vielerorts wird es belächelt und als Übermut abgetan.

15. auf 16. Juli 2019: Noch in der Nacht nach dem Bekanntwerden des Angebots, zieht die ams AG dieses auch schon wieder zurück. Der Konzern sehe nach einer Evaluierung "keine ausreichende Basis" für eine Fortsetzung der Gespräche, heißt es in einer Mitteilung.

23. Juli 2019: Wieder ein Dienstag. Die ams teilt völlig überraschend mit, "eine mögliche Transaktion mit Osram Licht AG weiter zu prüfen".

Die Gewerkschaft rebelliert

24. Juli 2019: Erstmals tritt die mächtige deutsche Gewerkschaft IG Metall auf den Plan. Im Falle einer ams-Übernahme, so die IG Metall, drohe Osram eine Zerschlagung und ein massiver Stellenabbau. "Hier wird mit der Überlebensfähigkeit zweier Unternehmen und den damit verbundenen Arbeitsplätzen verantwortungslos gezockt. Wir werden ein solches feindliches Vorgehen nicht zulassen."

11. August 2019: Die Steirer bestätigen das Übernahmeangebot, ams bietet wieder 38,50 Euro je Aktie, die Übernahme ist 4,2 Milliarden Euro schwer. Die Annahmeschwelle wird später von 70 auf 62,5 Prozent gesenkt. "Nach unserer vorläufigen Einschätzung erscheint das vorgelegte Finanzierungskonzept verbindlich und tragfähig", teilt der Osram-Vorstand mit. Die Gewerkschaft zweifelt an der Finanzierung.

22. August 2019: Osram soll zu einer 100-Prozent-Tochter werden, lässt ams-Finanzvorstand Michael Wachsler-Markowitsch wissen.

16. September 2019: Im Übernahmekampf um Osram empfiehlt der Lichttechnikkonzern seinen Aktionären trotz schwerer Bedenken das 4,3 Milliarden Euro schwere Angebot des Chipherstellers ams. "Die finanzielle Attraktivität des Offerts war dabei höher zu gewichten als Kritikpunkte", teilt Osram in München mit. 

ams erhöht das Angebot

25. September 2019: Die Finanzinvestoren Bain Capital und Advent haben nach Angaben von Osram ein neues Übernahmeangebot  angekündigt. Das Offert werde die vom österreichischen Sensor-Hersteller ams gebotenen 38,50 Euro je Aktie "bedeutsam überschreiten", teilte Osram am Mittwoch mit. 

27. September 2019: Die ams AG reagiert und stockt das Angebot deutlich auf. Der Chip- und Sensorhersteller erhöht von 38,5 auf 41 Euro je Aktie. "Der Poker um Osram am Kapitalmarkt schadet dem Unternehmen und muss beendet werden", sagt der bayerische IG-Metall-Chef Johann Horn am selben Tag. 

4. Oktober 2019:Der erste große Rückschlag für die ams AG. ams-Vorstandschef Alexander Everke bringt lediglich die Eigentümer von etwas mehr als der Hälfte der Osram-Aktien auf seine Seite, die anvisierten 62,5 Prozent werden deutlich unterschritten. Aber: ams hat im Verlauf der Bieterschlacht knapp 20 Prozent der Osram-Aktien an der Börse gekauft und ist damit jetzt größter Anteilseigner.

Der zweite Versuch bringt den Erfolg 

18. Oktober 2019: Ein juristischer Kniff der ams AG gibt die Möglichkeit zum schnellen zweiten Angebot. Kurios anmutend: Wieder bieten die Steirer 41 Euro je Aktie. Die Annahmeschwelle wird von 62,5 Prozent auf 55 Prozent gesenkt.

23. Oktober 2019: Mit einem Brandbrief an die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) versucht die Gewerkschaft IG Metall, das zweite Übernahmeangebot noch zu stoppen. Das Einschreiten der Bundesanstalt sei dringend geboten, weil ams die gesetzliche einjährige Sperrfrist nach dem gescheiterten ersten Übernahmeangebot verletze, heißt es in dem Brief des IG-Metall-Vorstands an die BaFin. 

12. November 2019: Vorstand und Aufsichtsrat von Osram empfehlen den Aktionären nun explizit, das 4,6 Milliarden Euro schwere Kaufangebot anzunehmen. "Am wichtigsten ist, dass die Mitarbeiter an deutschen Standorten bis Ende 2022 vor fusionsbedingten Kündigungen geschützt sind", sagt Vorstandschef Olaf Berlien. Die ehemalige Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer soll sicherstellen, dass die Vereinbarungen eingehalten werden.

6. Dezember 2019: Knapp vor 18 Uhr ist klar: das ams-Angebot ist erfolgreich, mehr als 55 Prozent nehmen das Angebot an. Ein genaues Ergebnis soll erst am Dienstag vorliegen, perspektivisch wollen die Steirer auf mehr als 75 Prozent an dem deutlich größeren Traditionskonzern kommen.