Die Richterin wollte zunächst genauere Abgaben zu den Forderungen innerhalb verbundener Unternehmen in der Refco-Gruppe. Diese seien laut Anklage höher gewesen (350 Millionen Dollar) als in den Bilanzen angegeben, die BAWAG hätte davon gewusst und hätte ebenfalls gewusst, dass die jährlichen Ultimogeschäfte zwischen BAWAG und Refco dazu beitragen, dies zu verschleiern. Der Angeklagte hatte am Freitag ausgesagt, die höheren Forderungen innerhalb der Refco sei für ihn nicht sichtbar gewesen, da die Verbindlichkeiten mit verbundenen Unternehmen als Saldogröße angegeben seien.

"Kein Experte in US-Bilanzierung"

Mit diversen Dokumenten stellte die Richterin das Bilanzierungswissen des Viertangeklagten auf die Probe und versuchte zu eruieren ob die Zahl an anderer Stelle hätte abgelesen werden können oder ob auffällig gewesen sei, dass die besagten 350 Millionen Dollar, die als Verbindlichkeit innerhalb der Refco-Gruppe bestanden, nirgends direkt abgebildet seien. Der Angeklagte sagte, er sei kein Experte in US-Bilanzierung und habe auf die Angaben und Prüfungen der US-Wirtschaftsprüfer vertraut.

Weiter ging es dann mit den Ereignissen im Oktober 2005 und vor allem mit der Frage, wie Vorstandsbeschluss zu der Kreditvergabe erfolgt war. Einig war man sich, dass die erste Sitzung am 7. Oktober erfolgte und damals ein Grundsatzbeschluss zur Kreditvergabe vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Johann Zwettler sowie von den beiden ebenfalls im laufenden Prozess angeklagten Ex-BAWAG-Vorstandsmitgliedern Peter Nakowitz und Christian Büttner gefasst worden war. Am 14. Oktober erfolgte dann eine Sitzung des Gesamtvorstandes - also gemeinsam mit den Vorständen der kurz zuvor mit der BAWAG verschmolzenen Postsparkasse -, in der der Beschluss vom 7. Oktober noch einmal einstimmig gefasst wurde.

Angeklagter verteidigt Vorgangsweise

Auf Nachfragen der Richterin sowie der Staatsanwältin sagte der Angeklagte, dass seiner Meinung nach bereits am 7. Oktober ein gültiger Beschluss für die Kreditvergabe erfolgt sei. Der Gesamtvorstand habe diesen dann ein paar Tage darauf (am 14. Oktober) noch einmal abgesegnet. Die Vorgangsweise des Vorstandes sei korrekt gewesen, sagte der Viertangeklagte.

Der Aufsichtsrat sei laut Angeklagtem wegen des bestehenden Aufsichtsratslimits nicht mit der Kreditvergabe zu befassen gewesen. Für die Refco gab es ein solches Limit, das besagt, dass der Aufsichtsrat es dem Vorstand erlaubte, ohne seine Zustimmung Kredite bis zu einer bestimmten Höhe (25 Prozent des BAWAG-Eigenkapitals) zu vergeben. Das Aufsichtsratslimit wurde erstmals in den 90er Jahren knapp vor dem BAWAG-Einstieg bei Refco (1999) beschlossen und wurde 2004 nach dem Verkauf der BAWAG-Anteile an Refco (10 Prozent) an das US-Unternehmen Thomas H Lee erneuert.

Viele Fragen

Wozu es den zweiten Beschluss des Gesamtvorstande überhaupt noch gebraucht habe, wenn der Beschluss vom 7. Oktober schon ausreichend für die Umsetzung der Kreditvergabe war, konnte im Zuge der Befragung nicht vollständig geklärt werden. Der Angeklagte sagte, im Gesamtvorstand sei mit allen besprochen worden, was im Grundsatzbeschluss vom 7. Oktober schon beschlossen worden sei.

Ebenfalls ungeklärt blieben zunächst die Einwände der Richterin, dass bei dieser Sitzung am 14. Oktober der Gesamtvorstand noch einmal die Entscheidung vom 7.10 abgesegnet hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass der Kredit höchstwahrscheinlich uneinbringlich war und dass man den Bilanzen von Refco nicht mehr vertrauen durfte. Dies erwecke den Anschein, dass man bei der BAWAG signalisieren habe wollen, dass mit dem Beschluss vom 7. Oktober alles in Ordnung sei, obwohl man bereits wusste, dass der Kredit aller Wahrscheinlichkeit nach uneinbringlich sein wird, sagte der beisitzende Richter.