Trotz der jüngsten Eintrübungen am Konjunkturhorizont gibt es bei den heimischen Gewerbe- und Handwerksbetrieben hinsichtlich der Geschäftslage derzeit wenig Grund zur Klage. Laut aktuellen Konjunkturzahlen, die von der KMU Forschung Austria für die Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer erhoben wurden, konnten die Betriebe „auf sehr hohem Niveau weiter wachsen und damit das Allzeithoch aus dem Vorjahresquartal stabilisieren“, wie die Obfrau der Bundessparte, Renate Scheichelbauer-Schuster, betont.

Fachkräftemangel in drei von vier Betrieben

Im ersten Quartal sind die Auftragseingänge bzw. Umsätze im Vergleich zum Vorjahresquartal moderat um 0,2 Prozent gestiegen, im zweiten Quartal werde „die Konjunktursituation von den Betrieben gleich gut wie im Vorjahr beurteilt“. Per Saldo würden jene Unternehmen, die mit einem guten Geschäftsverlauf rechnen, weiterhin deutlich (plus 16 Prozentpunkte) überwiegen.

Uneingeschränkt positiv werde die Lage dennoch nicht gesehen. Das habe zum einen mit dem nach wie vor bemerkbaren Fachkräftemangel zu tun. Laut Scheichelbauer-Schuster würden drei von vier Betrieben der Sparte „den akuten Fachkräftemangel“ spüren. „Unsere Betriebe melden einen Personalbedarf von 3,3 Prozent, das sind mehr als 26.000 Personen – bei derzeit rund 790.000 Mitarbeitern in der Sparte.“

Sloweniens Entsendebonus

Sorgen bereitet zudem ein „Nachbarschaftsproblem“ mit Slowenien. Wie berichtet, gibt es aus Österreich anhaltende harsche Kritik am sogenannten „Entsendebonus“ Sloweniens, der in der Vergangenheit auch schon massiv von der Gewerkschaft Bau-Holz sowie der Arbeiterkammer angeprangert wurde. Es wurde auch bereits Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt.

Worum geht’s dabei? Slowenische Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, haben einen – aus Sicht der heimischen Betriebe und der Gewerkschaft – unfairen Wettbewerbsvorteil. Sie müssen nicht vom vollen Lohn, der in Österreich gilt, Sozialversicherungsbeiträge zahlen (Durchschnitt am Bau 2834 Euro brutto im Monat), sondern nur von einem fiktiv berechneten slowenischen Lohn (Durchschnitt 1339 Euro brutto im Monat). Weiters gelte eine Rechtsvorschrift, die es erlaube, „die Berechnungsgrundlage weiter zu reduzieren“, wird betont.

"Krasse Verzerrung"

Dieser Entsendebonus sei eine „rechtswidrige Beihilfe“, so Scheichelbauer-Schuster, die das Sozialministerium auffordert, eine Beschwerde bei der EU-Kommission einzulegen. Dort wird betont, dass es auf Beamtenebene bereits Gespräche mit der EU-Kommission gegeben habe. „Weitere Schritte werden im Ressort geprüft“, hieß es gestern.

Handlungsbedarf ortet jedenfalls auch der steirische Bauinnungsmeister Alexander Pongratz, er sieht darin ebenfalls eine „krasse Wettbewerbsverzerrung, die in der EU jedoch derzeit anscheinend als legal angesehen wird“. Insbesondere seien auch in der direkt benachbarten Steiermark negative Auswirkungen spürbar.

Scheinfirmen?

So entsendet Slowenien doppelt so viele Bauarbeiter nach Österreich und in die EU (99.307, davon 45.107 nach Österreich), als in Slowenien tatsächlich arbeiten (54.200). Pongratz verweist in diesem Zusammenhang auch auf den Umstand, dass es in Slowenien „sehr einfach ist, Beschäftigungsbewilligungen für Bauarbeiter aus Nicht-EU-Staaten zu erhalten. Das ist bei uns in Österreich hingegen de facto nicht möglich.“ Die immer wieder geäußerte Vermutung, dass hier auch „Scheinfirmen oder reine Postkastenfirmen“ aktiv seien, „liegt zumindest nahe“, so Pongratz. So gebe es Mutmaßungen, dass sich Firmen extra in Slowenien ansiedeln würden, um von dort aus Entsendungen zu tätigen.

Spartenobfrau Scheichelbauer-Schuster nennt Vergleichszahlen aus der Steiermark: So habe es am Bau in der Steiermark im Vorjahr bei einheimischen Firmen 787 Kontrollen mit 21 Verdachtsfällen gegeben, während ausländische Firmen 280 Mal kontrolliert wurden und sich 228 Verdachtsfälle ergaben: „Da sieht man die Diskrepanz.“