Der Münchner Industriekonzern Siemens erwägt Insidern zufolge, seine neu gebildete Sparte "Gas & Power" auszugliedern und damit auf einen Gang an den Kapitalmarkt vorzubereiten. Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser wolle die Pläne am Dienstag dem Aufsichtsrat unterbreiten und am Mittwoch den Investoren vorstellen, sagten zwei mit dem Vorhaben vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Mit einer Ausgliederung ("Carve-out") der gesamten Sparten oder von Teilen davon würde auch eine Fusion mit einem Konkurrenten einfacher. Zu Gas & Power mit 18 Milliarden Euro Umsatz und gut 70.000 Mitarbeitern gehört unter anderem das Geschäft mit Gas- und Dampfturbinen, in dem Siemens angesichts eines schrumpfenden Weltmarktes für konventionelle Kraftwerke 6000 Stellen abbaut.

Geschäft mit Gasturbinen

Eine angestrebte Lösung für diesen Bereich sei noch nicht in Sicht, sagte einer der Insider. Verhandelt worden war über ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Konkurrenten Mitsubishi Hitachi. Strittig sind aber unter anderem die Mehrheitsverhältnisse: Kaeser will, dass Siemens an der Gasturbinen-Produktion künftig nur noch einen Minderheitsanteil hält. Die Arbeitnehmervertreter sperren sich aber dagegen; sie haben mit solchen Konstruktionen schlechte Erfahrungen gemacht. Das Neugeschäft mit Turbinen ist zwar defizitär, das Wartungs- und Dienstleistungsgeschäft gleicht das aber mehr als aus.

Siemens wollte sich zu den Informationen am Samstag nicht äußern. Ein Sprecher sagte, der Markt für konventionelle Energieerzeugung habe sich nicht verändert. Der Konzern habe aber bereits 2015 angefangen, die damit verbundenen Herausforderungen anzugehen.

Siemens-Chef will Eigenständigkeit forcieren

Gas & Power gehört bisher zu den drei "Operating Companies", denen Siemens künftig intern mehr Eigenständigkeit zubilligen will, die aber nicht in einer separaten Gesellschaft gebündelt sind. Das wäre aber nötig, um selbstständig am Kapitalmarkt zu agieren wie die Windkraft-Sparte Siemens Gamesa und der Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers. Die Fusion der Zug-Sparte Siemens Mobility mit Alstom war am Widerstand der EU-Kartellbehörden gescheitert.

Die formale Ausgliederung des Zug-Geschäfts ist noch nicht vollzogen. Analysten setzen aber darauf, dass Kaeser für die Sparte einen Börsengang ankündigt. Der Siemens-Chef versucht den Spagat, die einzelnen Konzernteile immer eigenständiger agieren zu lassen, ohne Siemens zu einer reinen Finanzholding zu machen, die nur noch Beteiligungen managt. Die Zukunft der "Operating Companies" soll Schwerpunkt des Kapitalmarkttags am Mittwoch sein, zu dem Siemens Analysten und Investoren eingeladen hat.

Die Sparte Gas & Power von Siemens besteht aus dem Geschäft mit Kraftwerken, mit Ausrüstung für die Öl- und Gasindustrie, aber auch mit Stromübertragungsnetzen, also großen Überland-Hochspannungsleitungen. Letztere gehören erst seit diesem Jahr zu dem Bereich. Siemens hat Gas & Power eine operative Umsatzrendite (EBITA-Marge) von acht bis zwölf Prozent zum Ziel gesetzt. 2017/18 waren es gerade einmal vier Prozent.