Die Diesel-Debatte stiehlt den deutschen Herstellern auf dem Pariser Automobilsalon wieder einmal die Show. Mit Blick vor allem auf die steigenden Klimaschutzvorgaben aus Brüssel mühen sich die Autobauer bei dem am Dienstag begonnenen Branchentreffen, ihre Elektromodelle aus der Nische zu holen.

Für das Publikum öffnet der Automobilsalon am heutigen Donnerstag. Auf etliche Marken müssen die Besucher in diesem Jahr allerdings verzichten - allen voran auf das Schwergewicht VW, aber auch auf Fiat, Volvo, Ford oder Opel. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sprach im Voraus schon von einem Niedergang der Automessen, der sich in Paris fortsetze. Die alle zwei Jahre stattfindende Messe dauert bis zum 14. Oktober.

Diskussion um Diesel

Gegen das Diesel-Konzept der deutschen Regierung, mit dem Fahrverbote wegen hoher Stickoxid-Belastungen vermieden werden sollen, hatten es zumindest die deutschen Hersteller allerdings schwer.

Dabei steht den Konzernen mit den ab 2021 geltenden strengeren Grenzwerten für den Ausstoß von Kohlendioxid schon die nächste Herausforderung bevor. Daimler-Chef Dieter Zetsche zeigte sich zwar weiter zuversichtlich, die Werte einhalten zu können. Es sei aber klar, dass das ohne nennenswerten Anteil von rein elektrischen oder Hybrid-Fahrzeugen nicht gelingen werde, sagte er.

Elektrofahrzeuge seien immer noch ein Nischenprodukt. "Auf der anderen Seite muss man nur über die Messe gehen, um zu sehen, dass das Angebot jetzt zunehmend in die Verkaufshäuser kommt", sagte Zetsche. Daimler selbst ist mit dem EQC vertreten, der 2019 auf den Markt kommen soll. Es ist der erste reine Elektro-Mercedes; Daimlers Smart gibt es schon länger mit E-Antrieb. Audi zeigt seinen e-tron, zudem sind der US-Elektropionier Tesla mit seinem Model 3 und etliche weitere Anbieter mit Elektrofahrzeugen vertreten.

Strenge CO2-Vorgaben

Über die gesamte Flotte hinweg dürfen Neuwagen eines Herstellers in der Europäischen Union spätestens 2021 im Durchschnitt nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. "Unsere Planung zielt natürlich darauf ab, dass wir diese Werte erreichen", betonte Zetsche. Letztlich entscheide aber der Kunde, ob er die Fahrzeuge kaufe und damit die Pläne bestätige.

Wenige Kunden kauften ein Elektroauto, nur weil es ein Elektroauto sei, sagte der Chef von Renault-Nissan-Mitsubishi, Carlos Ghosn. Ausschlaggebend sei, ob das Fahrzeug ihre Ansprüche, etwa an Preis-Leistungs-Verhältnis oder Reichweite, erfülle. Dass nicht mehr E-Fahrzeuge verkauft werden, liege nicht an mangelnder Nachfrage, sondern daran, dass nicht genug produziert werden könnten.

"Es liegt primär an der Attraktivität unserer Fahrzeuge, aber nicht nur", sagte Zetsche. "Es ist auch die Frage, wie Infrastruktur aufgebaut wird und wie sich insgesamt die Stimmung im Markt entwickelt. Aber da haben wir sicherlich in den letzten Jahren und auch Monaten ein positives Momentum gesehen, das sich aufbaut."

BNW erbüchtert

Auch BMW-Chef Harald Krüger, dessen Haus 2013, inmitten der Ernüchterungsphase, den E-Kleinwagen i3 auf den Markt brachte und viel Lehrgeld bezahlte, ist voller Zuversicht für die neue Runde: "Die deutliche Erhöhung der Reichweiten ist anfangs ein wesentlicher Treiber der Elektromobilität." Heutige Modelle kämen mit einer Batterieladung fast dreimal so weit wie die erste Fahrzeuggeneration. Als Faustregel für eine Reichweite, die sich Autokäufer für ein Alltagsfahrzeug wünschen, gilt in der Branche ein Wert von 500 Kilometer. Lange Zeit kam nur der US-Elektropionier Tesla in die Nähe dieses Wertes, inzwischen erreichen dies auch viele europäische Modelle. Wie Krüger weiter erläutert, führen obendrein mehr Ladesäulen und die Diskussion um Fahrverbote in Städten mit schlechter Luftqualität dazu, "dass Kunden mehr Elektrofahrzeuge kaufen".

Nach dem verstolperten Start vor fast einem Jahrzehnt kommen die Hersteller dieses Mal den Käufern auch beim Design entgegen. Statt als Ökoautos präsentieren sich Elektrofahrzeuge jetzt in Form von Geländewagen, wie etwa der Audi e-tron oder der DS3 Crossback von PSA. Dass die Kunden für E-Autos nicht mehr bezahlen, haben die Konzerne inzwischen ebenfalls gelernt. Allerdings stellt dies die Hersteller unverändert vor Probleme. Ein Elektroauto koste im Schnitt 7.800 Euro mehr in der Produktion als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, kalkuliert die Unternehmensberatung AlixPartners. Bei Hybridmodellen liege der Aufschlag bei 5.000 Euro.

Regulierung zwingt zu Investitionen

"Das wirkt sich auf jeden Fall auf die Profitabilität der Industrie aus", sagt Analystin Rebecca Lindland von der Fahrzeugbewertungsfirma Kelley Blue Book. Die Nachfrage rechtfertige die hohen Investitionen nicht. Der Grund, warum die Konzerne Milliarden in die Hand nähmen, liege allein in der Regulierung - ohne Elektroflotte würden sie die Vorgaben zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ihrer Fahrzeugflotten in den nächsten Jahren nicht schaffen und müssten mit drastischen Strafen rechnen. "In der Elektromobilität muss man Kostenführer sein", betont BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich. "Wer kein Kostenführer ist, wird nicht überleben."

Solange die Stückzahlen klein sind, lassen sich Skaleneffekte allerdings besonders schwer erreichen. Carlos Tavares, Chef der Opel-Mutter PSA, verweist darauf, dass es letztlich die europäische Autoindustrie in Gefahr bringe, wenn man für alternative Antriebe nicht tiefer in die Tasche greife. "Jeder muss einsehen, dass saubere Mobilität wie Bio-Essen ist: Das ist teurer."