Der größte britische Autohersteller Jaguar Land Rover droht im Falle eines harten Brexit mit einem Abschied von der Insel. "Ein schlechter Brexit-Deal würde Jaguar Land Rover jedes Jahr mehr als 1,2 Milliarden Pfund Gewinn kosten", sagte Konzernchef Ralf Speth am Mittwoch. "Infolgedessen müssten wir unser Ausgabenprofil drastisch anpassen."

Das Unternehmen habe in den vergangenen fünf Jahren rund 50 Milliarden Pfund (56,59 Milliarden Euro) in Großbritannien ausgegeben. In den kommenden fünf Jahren seien weitere 80 Milliarden Pfund geplant. "Dies wäre in Gefahr, sollten wir mit dem falschen Ergebnis konfrontiert werden", warnte Speth.

Rund neun Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens macht sich in den Führungsetagen der Firmen auf der Insel zusehends Skepsis breit. In einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte äußerten sich 75 Prozent der Finanzchefs mit Blick auf den Brexit pessimistisch. Sie befürchten, dass ihr Geschäftsumfeld Schaden nehmen wird.

Banken verlegen Jobs nach Frankfurt

Die britische Großbank Barclays hat wegen des Brexit Insidern zufolge die ersten Stellen nach Frankfurt verlagert. Das Institut suche nun für 40 bis 50 Arbeitsplätze Mitarbeiter in der Finanzmetropole am Main, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Montag zur Nachrichtenagentur Reuters.

Technisch gesehen seien die Stellen der Barclays-Geschäftsstelle in Irland zugeordnet und die Verlagerung sei Teil der insgesamt 150 bis 200 Arbeitsplätze, die wegen des Brexit umgelegt werden sollen. Der Großteil der Jobs in Frankfurt werde mit neuen Mitarbeitern besetzt. Ein Sprecher von Barclays wollte sich nicht äußern.

Barclays beschäftigte Ende 2017 rund 48.700 Mitarbeiter in Großbritannien. Im ersten Halbjahr 2018 schrumpfte der Jobmarkt in der britischen Finanzindustrie um rund sechs Prozent, während er in Deutschland in ungefähr dieser Höhe zulegte, wie aus Daten der Stellenvermittlungsplattform Joblift hervorging.

Pfund schwächelt

Die Wirtschaft auf der Insel lahmt nicht zuletzt wegen der vergleichsweise hohen Inflation. Grund dafür ist, dass die Landeswährung Pfund seit dem Brexit-Votum im Sommer 2016 schwächelt, wodurch sich Importe verteuern. Dies zehrt an der Kaufkraft der Briten. Zudem investieren viele Firmen weniger, auch wegen der Unsicherheit über die künftigen Handelsbeziehungen nach dem geplanten EU-Ausstieg Ende März 2019.

Immer mehr Unternehmen in Großbritannien machen ihrem Unmut über die schleppenden Brexit-Verhandlungen Luft. "Über die beiden vergangenen Jahre hinweg war die Wirtschaft geduldig", sagte der Chef des britischen Handelskammerverbands BCC, Adam Marshall. Jetzt sei das Fass am Überlaufen.

Britische Regierung sucht Lösung

Die britische Regierung will sich am Freitag bei einer Sondersitzung auf dem Landsitz Chequers auf einen Plan für die künftige Beziehung zur EU einigen. Doch das Kabinett ist weiterhin tief zerstritten. Die einen fordern einen klaren Bruch mit Brüssel. Die anderen wollen so eng wie möglich an die EU und ihre Institutionen gebunden bleiben.

Für die Wirtschaft zählt vor allem Klarheit darüber, wohin die Reise geht. "Weniger als neun Monate vor dem Brexit-Tag sind wir den Antworten, die Unternehmen brauchen, wenig näher als am Tag nach dem Referendum", sagte Marshall. Von einer BCC-Liste mit 24 wichtigen Fragen zum Brexit seien gerade einmal zwei beantwortet.