Exakt fünf Monate nach der schlagzeilenträchtigen Razzia bei Volkswagen werde das Bild der Ermittler zu den Hintergründen für die Manipulationen von Diesel-Fahrzeugen immer besser, sagt Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat ihre Ermittlungen zum VW-Abgas-Skandal massiv ausgeweitet. Die Zahl der Beschuldigten habe sich von sechs auf 17 erhöht, sagte  Ziehe am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Zuvor hatten bereits Zeitungen der "Funke-Mediengruppe" über die Zahl berichtet.

Unter den Personen befinde sich aber nach wie vor kein Vorstandsmitglied, betonte Ziehe. Bei den Beschuldigten, die "alle aus dem Umfeld des VW-Konzerns im weitesten Sinne stammten", gehe es weiterhin um den Verdacht des Betrugs und mögliche Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Nach wie vor laufe die Zeugenbefragung und Auswertung der konfiszierten Akten. In den nächsten Tagen würden auch die neuen Personen auf der Liste der Beschuldigten Nachrichten erhalten und dann auch befragt werden. Am 8. Oktober hatten die Ermittler der Staatsanwaltschaft Braunschweig Gebäude und Büros von Volkswagen in Wolfsburg durchsucht. Dabei hatten sie viele Akten und Computer sichergestellt.

Jobsicherheit hängt an drohenden Strafen

Unterdessen warnte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, dass die Sicherheit der Jobs in Deutschland auch an den drohenden Strafen der US-Behörden für die Abgas-Manipulationen hänge. "Sollte die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen durch eine Strafzahlung in bisher einmaliger Höhe nachhaltig gefährdet werden, wird dieses auch dramatische soziale Folgen haben - nicht nur an unseren US-amerikanischen Standorten, sondern auch in Europa und anderswo", sagte der Arbeitnehmervertreter am Dienstag in Wolfsburg bei einer Betriebsversammlung vor Tausenden Mitarbeitern. "Wir hoffen sehr, dass die US-Behörden auch diese soziale und beschäftigungspolitische Dimension letztlich im Blick haben", sagte der VW-Aufsichtsrat.

In den USA, wo die Manipulationen um die Abgase aus Dieselfahrzeugen im vergangenen Herbst zuerst ans Licht kamen, drohen dem VW-Konzern Strafen in Milliardenhöhe. Die Vereinigten Staaten selber, mehrere US-Bundesstaaten und zahlreiche Zivilkläger gehen dort gegen VW vor. Anders als in Deutschland ist ein Plan für die Nachbesserungen an den dort etwa 600.000 betroffenen Wagen noch nicht unter Dach und Fach.

Müller wehrt sich gegen einseitige Berichte

VW-Chef Matthias Müller hat unterdessen die Arbeit der Beschäftigten von Europas größtem Autobauer gegen kritische Berichte über die Abgaskrise verteidigt. Manche Medien würden einseitig berichten, andere die Nachrichten zuspitzen, "das haben Sie, haben diese 600.000 Menschen im Konzern aber nicht verdient", sagte Müller am Dienstag bei einer Betriebsversammlung im Stammwerk Wolfsburg vor 20.000 Beschäftigten.

Mit Blick auf Berichte in den vergangenen Tagen und Wochen verteidigte Müller auch den Verlauf der internen Ermittlungen zu den Ursachen und Verantwortlichen der weltweiten Abgasaffäre: "Falls Sie in den letzten Tagen gelesen, gesehen oder gehört haben, dass etwas verschleppt oder vertuscht worden ist, kann ich mit bestem Gewissen sagen: Nein, das ist nicht der Fall." Zuletzt hatte es Berichte gegeben, dass Volkswagen die interne Aufarbeitung nicht schnell genug vorantreibe.

Die ganzen Auswirkungen der Abgasmanipulationen werden wohl erst in den nächsten Jahren deutlich werden, sagte Müller weiter. Dazu gehörten auch die finanziellen Konsequenzen. "Wir werden Geduld, Beharrungsvermögen und auch eine gewisse Frustrationstoleranz aufbringen müssen."