Der teilstaatliche Energiekonzern Verbund senkt die Gas- und Strompreise für Bestandskunden. Ab 1. Mai soll die Gaspreise um durchschnittlich 8 Prozent sinken. Ab 1. Juli folgen die Strompreise, die auf 15,60 Cent netto (18,72 Cent brutto) je Kilowattstunde (kWh) sinken sollen. Für einen Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh bedeute das eine Ersparnis von durchschnittlich 100 Euro, je nach Tarif bis zu 500 Euro, sagte Verbund-Chef Michael Strugl im APA-Gespräch.

Die Preissenkungen gelten für das „Treueangebot“, aber auch in den anderen Tarifen sollen die Preise „deutlich“ sinken. Die Bestandskundinnen und -kunden werden im April und Mai über Umfang und Details informiert. Ab 1. Mai werde es für Neukunden auch ein Angebot für Erdgaslieferungen aus Alternativen zu russischen Gasquellen geben, kündigte Strugl an. Der konkrete Tarif hänge noch von behördlichen Regelungen ab, was als nicht-russisches Gas gelte und wie dies nachzuweisen sei. Außerdem bietet der Energieversorger ab 1. Mai erstmals die Umrüstung auf Wärmepumpen samt Tarif an, der 10 bis 15 Prozent unter dem Standardtarif liegen soll.

59 Verfahren wegen Preisklauseln

Der Verbund-Chef und Präsident von Österreichs E-Wirtschaft kritisierte im Gespräch mit der APA erneut die mangelnde Rechtssicherheit bei Preisklauseln in Lieferverträgen. Preisanpassungen - Preissenkungen ebenso wie Preiserhöhungen - müssten demnach in neuen Verträgen vereinbart werden. In diesem Zusammenhang führe das börsennotierte Unternehmen österreichweit rund 50 Verfahren. „Das ist sehr unangenehm für die Lieferanten, aber auch für die Kunden, weil sie nicht wissen, wie die Verfahren ausgehen“, so Strugl.

Auch bei den nun angekündigten Preissenkungen müsse man alle Kunden einzeln durchgehen und werde „relativ lange brauchen, bis alle in den neuen Verträgen drinnen sind“. Strugl erneuerte seine Forderung nach einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage, die auch vor Gericht Bestand hat. Derzeit werde dieser Versuch im neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz unternommen. „Wir hoffen noch auf ein Ergebnis in dieser Legislaturperiode.“

Härtefallfonds

Der Verbund stockt zudem seinen Härtefallfonds für Kundinnen und Kunden, die ihre Gas- oder Stromrechnung nicht bezahlen können, von derzeit 10 Mio. auf 20 Mio. Euro auf. Die Unterstützung soll bis Ende 2025 verlängert werden. „Wir sehen, dass die Nachfrage wieder nach oben geht“, sagte Jürgen Bormann, Geschäftsführer der Verbund-Tochter Energy4Customers, im APA-Gespräch.

Angesichts der Entspannung am Strommarkt halbiert sich ab 1. Juli der staatliche Stromkostenzuschuss auf maximal 15 Cent pro kWh, mit Ende 2024 läuft die Strompreisbremse aus. Mit dem Auslaufen des Stromkostenzuschusses rechnet Österreichs größter Stromversorger bei einigen Kundinnen und Kunden mit einer „deutlichen Zunahme der Probleme“, die Stromrechnung zu bezahlen.

Weiterer Preisverfall

Die Großhandelspreise für Strom fallen unterdessen weiter. Im April sinkt der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) im Vergleich zum Vormonat März um rund 6,4 Prozent, gegenüber dem April des Vorjahres liegt er um 65,1 Prozent niedriger, teilte die Österreichische Energieagentur am Donnerstag mit.

Die sinkenden Strompreise wirken sich auch auf die Einspeisetarife für Photovoltaik aus. Der Verbund hat rund 20.000 Kundinnen und Kunden, die über das Unternehmen Strom einspeisen. Durch den boomenden Ausbau der Photovoltaik kommt zu Spitzenzeiten viel Angebot auf den Markt, was zu sehr niedrigen Preisen in den Stunden der Erzeugung führt. „Deswegen gehen in der gesamten Branche die Einspeisetarife nach unten und das wird auch bei uns so sein“, sagte Bormann. Im Sommer und in der Mittagszeit gebe es bereits ein Überangebot, das immer häufiger zu negativen Strompreisen führe. Damit würden auch die Einspeisetarife weiter sinken.

Großer Speicherbedarf

„Ich würde einen Hausspeicher viel stärker fördern als die Paneele“, ergänzte Strugl. Derzeit seien die Anschaffungskosten für einen Speicher noch hoch. Hier brauche es, so der Verbund-Chef, Anreize, in Speicher zu investieren - das entlaste die Netze und sei ein wirtschaftlicher Vorteil für die Haushalte, die den zu Mittag produzierten Strom am Abend wieder ausspeichern könnten. Nachdem die Einspeisevergütung nach unten geht, erwarte man eine Trendwende, sodass wieder kleinere PV-Anlagen oder Speicher gebaut werden. Als die Einspeisevergütung noch deutlich höher war, seien teilweise überdimensionierte PV-Anlagen auf Privatdächern installiert worden.