Im Keller einer Segelschule an der Alten Donau in Wien haben Felix Ohswald und Gregor Müller im Jahr 2016 aus einem Hausaufgaben-Chat die Lernplattform Go Student aufgebaut. Es war der Startschuss für eine steile Erfolgsgeschichte. Das Start-up eilte in den darauffolgenden Jahren von einem Rekord zum nächsten. Es galt als wertvollstes Start-up Österreichs und wurde 2022 mit drei Milliarden Euro bewertet. In der Startup-Branche spricht man bei so einem Ausnahmephänomen von einem Unicorn (Einhorn). Vor zwei Jahren erhielt die Lernplattform rund 300 Millionen Euro von Risikokapitalgebern.

Laut Blogeintrag auf der Go Student-Homepage beschäftigt das Unternehmen 20.000 Nachhilfelehrerinnen und -lehrer und gibt Nachhilfe in 24 Ländern auf der ganzen Welt. Unterrichtet werde in mehr als 30 Schulfächern und pro Monat verzeichne man mehr als 1,5 Millionen Nachhilfe-Einheiten. Doch seit 2022 verliert das bisher strahlende Vorzeige-Start-up nach einem erfolgreichen Start ins Jahr zunehmend an Glanz. Es kam sowohl wegen Arbeitsbedingungen als auch wegen des Abbaus Hunderter Jobs in die Negativschlagzeilen. Mehrfach wurde beim eingeschlagenen Sparkurs auch noch nachgebessert.

Verspätung bei Jahresabschluss

Doch ob das Ruder herumgerissen werden konnte, scheint nun fraglich. Denn wie das Branchenmagazin „Trending Topics“ zuerst berichtete, schrieb Go Student im Jahr 2022 Millionenverluste. Der Jahresabschluss, der bereits im September fällig gewesen wäre, wurde mit einer deutlichen Verspätung gelegt. Er weist einen Verlust von rund 220 Millionen Euro aus. In einer schriftlichen Stellungnahme betont Unternehmenssprecherin Lena van Hooven: „Mit dem Erwerb der Studienkreis-Gruppe fiel eine gewichtige - aber isolierte - Aufwendung in das Geschäftsjahr 2022. Diese strategische Investition beeinflusste freilich die Ausgaben und damit das Bilanzergebnis im Jahr 2022, wurde jedoch mit Blick auf langfristiges Wachstum getätigt.“

Einen weiteren Personalabbau werde es nicht geben. Go Student habe die Burn-Rate (Geschwindigkeit, mit der finanzielle Mittel aufgebraucht werden) 2023 um 70 Prozent senken können. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: „Profitabilität ist ein zentrales Ziel für das aktuelle Jahr 2024. Wir haben unsere Strategie bereits angepasst, um dieses auch zu erreichen und in diesem Jahr einen positiven Cashflow erzielen.“