Die österreichische OMV und die deutsche Wintershall Dea sollen laut einem Präsidialerlass formell ihre Anteile an Gasförderprojekten in der russischen Arktis verlieren. Alle Aktivitäten mit russischer Beteiligung, darunter die Beteiligung von Wintershall Dea an der Gaspipeline Nord Stream sowie die Gemeinschaftsunternehmen mit Gazprom, sollen bis Mitte 2024 rechtlich getrennt werden, wie aus einem von Kremlchef Wladimir Putin unterzeichneten Dekret am Dienstag hervorgeht.

Demnach sollen die Beteiligungen von OMV und Wintershall Dea am Feld Juschno-Russkoje und an den Achimov-Projekten, die beide in der Region Jamal-Nenzen im hohen Norden Russlands liegen, auf neu gegründete russische Gesellschaften übertragen werden. Alle Anteile, die ausländische Unternehmen an Joint Ventures mit dem Gasriesen Gazprom halten, sollen auf die neuen russischen Gesellschaften übergehen. Der Erlös aus dem Verkauf der Anteile werde auf Sonderkonten der bisherigen ausländischen Eigentümer überwiesen, heißt es weiter. Alle bisher gültigen Unternehmensverträge verlieren mit der Unterzeichnung des Dekrets ihre Gültigkeit.

OMV will ihre Rechte wahren

Die OMV will den Erlass des russischen Präsidenten nun prüfen und „gegebenenfalls weitere Schritte einleiten, um ihre Rechte zu wahren“, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme. Das Russlandgeschäft habe man bereits 2022 mit insgesamt 2,46 Milliarden Euro wertberichtigt. Diese Wertanpassung umfasse die 24,99-Prozent-Beteiligung an Juschno Russkoje ebenso wie die Forderungen gegenüber der Nord Stream 2 AG. Es seien somit „faktisch keine weiteren negativen Auswirkungen auf die Ergebnisse zu erwarten“. Sollte der Energiekonzern später doch noch an das Geld aus dem geplanten Zwangsverkauf herankommen, könnte am Ende sogar noch ein Gewinn herausschauen, sagte der Russland-Experte Vasily Astrov vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche im Ö1-„Mittagsjournal“.

Fast zur Gänze abgeschrieben

Die OMV hatte sich bereits im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts aus Russland zurückgezogen. Schon im März 2022 wurde festgelegt, dass es in Russland keine Investitionen mehr geben werde und dass die 24,99-Prozent-Beteiligung am Erdgasfeld Juschno-Russkoje „strategisch überprüft“ werde, die „alle Optionen einschließlich der Möglichkeiten einer Veräußerung oder Ausstiegs“ beinhalte. Es wurden auch entsprechende wertmäßige Abschreibungen getätigt. Ende März 2023 hatte OMV-Chef Alfred Stern betont, dass er aus der Beteiligung am Gasfeld Juschno-Russkoje, die man bereits fast zur Gänze abgeschrieben habe, gerne gänzlich aussteigen würde. Er sagte damals jedoch auch: „Aber um etwas verkaufen zu können, müssen Sie einmal jemanden finden, der das auch kaufen will und es auch kaufen darf.“ Dafür brauche man in Russland auch die entsprechenden Genehmigungen. „Das ist zurzeit aufgrund der Rechtslage extrem schwierig.“

Wintershall Dea, ein Gemeinschaftsunternehmen von BASF und der Investmentgesellschaft LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman, steht vor dem Rückzug aus Russland.