Die eingetrübte Wirtschaftslage zeigt sich immer stärker in einem Anstieg der Pleiten. Nach aktuellen Stand gibt es heuer um 13 Prozent mehr Insolvenzen, so der Kreditschutzverband von 1870. Für 2024 rechnet er mit bis zu 6000 Fällen, nach 5400 heuer, was bereits das Zehn-Jahres-Hoch markierte. Die prominenten Fälle sind neben der Signa Holding die gerade eröffnete Insolvenz über den Treibstoffhändler LU & NO AG, Leiner-Kika, die KSR Group, Zentrasport und Gazprom Austria.

„Wir befinden uns erstmals an einem Scheideweg der Wirtschaft,“ warnt KSV-Chef Ricardo Jose Vybiral. Laut monatlichen KSV-Firmen-Umfragen seien nur 56 Prozent der Unternehmen in der Gewinnzone. „Nur noch 49 Prozent sagen, ihre Geschäftslage sei sehr gut,“ so Vybiral. „Österreichs Wirtschaft stottert dahin.“ Hohe Kosten seien das Hauptproblem - bei stagnierenden Umsätzen und schrumpfenden Auftragspolstern. Hier seien Impulse gefragt. Deshalb sei die Verlängerung der Stromkostenbremse gut.

Der Bau ist das größte Sorgenkind

Die Baubranche, die Gastronomie und den Handel beutelt es besonders. „Der Bau ist aktuell unser größtes Sorgenkind,“ sagt Vybiral. Regional gesehen gibt es im Süden überdurchschnittlich viele Pleiten: 611 in der Steiermark - ein Plus von 17,3 Prozent - und 299 in Kärnten - ein Plus von 22,5 Prozent. 22.500 Mitarbeiter sind insgesamt von den Insolvenzen betroffen sowie 45.000 Gläubiger.

Karl-Heinz Götze, Leiter des Bereiches Insolvenz beim KSV, relativiert den österreichweiten Anstieg von 13 Prozent, denn der Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 zeige nur ein Plus von 7,6 Prozent. „Wir haben hohe Insolvenzzahlen, aber es ist nicht alarmierend,“ so Götze. 2000 Betriebe konnten ihre Schulden allerdings nicht in einem Insolvenzverfahren regulieren, weil ihnen die dafür notwendigen 4000 Euro fehlten.

Gründungsdynamik ungebrochen

Positiv sieht Vybiral, dass die Mehrheit der Unternehmen ihre Eigenkapitalausstattung verbessert. „Auch die Gründungsdynamik ist ungebrochen,“ erklärt er. Was wichtig ist, denn es sperren auch immer mehr Betriebe zu - ohne Schulden zu hinterlassen. 58.091 Unternehmen gaben auf, 71.998 machten auf. Ein Nettozuwachs von 14.000 Unternehmen, der könnte aber in den nächsten Jahren schrumpfen.

Die Schuldenhöhe, die der KSV aktuell bei 8,53 Milliarden Euro festmacht, könnte durch weitere Signa-Gesellschaften explodieren. Götze erneuerte die Forderung nach mehr Transparenz, man wisse zur größten Pleite der zweiten Republik viel zu wenig. „Es gibt 280 Gläubiger, aber wir haben nicht nicht gesehen, welche Summen dahinter stecken. Wir haben noch gar kein Bild, wer sie am Ende tatsächlich sind,“ so Götze.

Bei den Privatkonkursen erwartet der KSV heuer einen Anstieg um 9,5 Prozent, nachdem bisher 8956 Verfahren eröffnet wurden. Der Schuldenberg ist mit 895 Millionen Euro beachtlich, aber im Vergleich zum Vorjahr sogar um ein Prozent gesunken. Die Schuldner gehen im Schnitt mit 100.000 Euro Schulden in Konkurs. Hier erwarten die KSV-Experten für nächstes Jahr Verschlechterungen. Vybiral: „Die Menschen können eine gewisse Zeit sparen, aber nicht ewig.“