Der Aufstieg des Immobilientycoons René Benko klingt zunächst wie aus dem Bilderbuch: Aus einfachen Verhältnissen und ohne Schulabschluss schaffte es der Tiroler zu einem der reichsten Unternehmer des Landes. Doch nun verdichten sich die Anzeichen, dass Benko und seine Signa-Holding in der Krise stecken. Seine Firmen schreiben Verluste, große Geldgeber wenden sich ab und fordern den Rückzug des Unternehmers. Wer ist der Mann, dem nun der tiefe Fall prophezeit wird?

Mit 40 Euro-Milliardär

Benkos Imperium, die Signa Holding, hat der 46-Jährige aus Innsbruck bereits mit 22 Jahren aufzubauen begonnen. Auf 4,2 Milliarden Euro schätzt das Magazin „Trend“ heute das Vermögen von Benko. Mit 20 Jahren soll er seine erste Schilling-Million gehabt haben, mit 40 war er Euro-Milliardär, so die Zeitschrift, die ihn derzeit auf Platz acht der hundert reichsten Österreicherinnen und Österreicher führt.

Goldkettchen, geleaster Ferrari

Schon als Schüler erregte der Sohn eines Gemeindebediensteten und einer Kindergärtnerin Mitte der 1990er-Jahre Aufsehen. Als 17-Jähriger organisierte er für einen befreundeten Innsbrucker Baumeister den Ausbau von Dachböden in bester Stadtlage. Dass er damit gutes Geld verdiente, stellte er auch zur Schau. Schulkollegen erinnerten sich vor einigen Jahren im „Falter“ an Goldkettchen und einen geleasten Ferrari.

Benko gilt in seinem Umfeld als „Blitzgneißer“ mit gutem Geschäftsinstinkt, als „super Netzwerker“ und vor allem als sehr arbeitswillig - nach eigenen Angaben steht er jeden Tag um halb fünf in der Früh auf und arbeitet bis kurz vor Mitternacht.

Nicht zur Matura zugelassen

Nur die Schule hat Benko nicht so ernst genommen. „Das ist wahrlich so, ich war im letzten Schuljahr, im Maturajahr, so wenig in der Schule, dass ich dann aufgrund der vielen Fehlstunden nicht mehr zur Matura zugelassen wurde“, erzählte er vor vielen Jahren in einem ORF-Interview.

Benko gelang es früh, Reiche und Prominente von seinen Geschäftsideen zu überzeugen. Kurz nach der Gründung der Immofina, aus der später die Signa-Gruppe hervorging, traf er auf den Stroh-Tankstellenerben Karl Kovarik, der sich 2001 in Benkos Unternehmen einkaufte. Mit Kovariks Geld, einem zweistelligen Millionenbetrag, wuchs die Signa Holding zu einem der größten österreichischen Immobilienunternehmen heran, das seine Fühler längst auch ins Ausland, vor allem nach Deutschland, ausgestreckt hat.

Übernahme des Kaufhaus Tyrol

Der erste große Deal, mit dem der Tiroler 2004 auf sich aufmerksam machte, war die Übernahme des Kaufhaus Tyrol, dem bekanntesten Warenhaus in dem westlichen Bundesland. Heute gehören zur Signa-Gruppe Immobilien wie das „Goldene Quartier“ in der Wiener Innenstadt, das Gebäude der Deutschen Börse in Eschborn, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York, das Nobelkaufhaus Selfridges in London oder der Elbtower in Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten eingestellt werden mussten, weil Signa nach Angaben der Baufirma nicht rechtzeitig zahlte.

Das sind nur einige Beispiele für das Immobilienimperium rund um Benko und seine Signa-Gruppe. Die gleichnamige Holding gehört indirekt zu 77,5 Prozent der Familie Benko, 15 Prozent hält die Familienstiftung um den Industriellen und Ex-Strabag-Konzernchef Hans Peter Haselsteiner.

Benko ist auf Diskretion bedacht

Benko ist auf Diskretion bedacht, wenn es um sein Privatleben geht. Der mit einem Ex-Model verheiratete mehrfache Familienvater beschränkt seine öffentlichen Äußerungen und Auftritte auf ein Minimum. Seine Verschwiegenheit gilt auch für seine Geschäftsergebnisse - in die Bücher seiner bewusst nicht börsennotierten Signa Holding lässt er Außenstehende in der Regel nicht blicken, insbesondere Gewinn- und Reservezahlen behält er lieber für sich.

Prominente aus Politik und Wirtschaft

Benko umgibt sich gerne mit Prominenten aus Politik und Wirtschaft, die ihm immer wieder beträchtliche Summen anvertraut haben. Zu seinem herbstlichen Törggelen, dem Südtiroler Brauch mit Maroni-Essen und Wein, erscheinen alljährlich wichtige Menschen aus Wirtschaft, Politik, Medien und Kultur. Der Unternehmer baute sich ein prominentes Netzwerk auf. Im Beirat seiner Holding sitzen unter anderem Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vize-Kanzlerin Susanne Riess-Hahn und der ehemalige Bank-Austria-Chef Karl Samstag.

2012 erlitt Benko einen Rückschlag als er wegen versuchter verbotener Intervention vor Gericht stand. In der Folge hat sich Benko zwar operativ aus seiner Signa Holding zurückgezogen, verfügt aber über seine Familienstiftungen über die Mehrheit der Stimmrechte und gilt weiterhin als zentraler Entscheidungsträger.

Er baute sich ein Handelsimperium

Der umtriebige Tiroler beließ es nicht beim Immobiliengeschäft, sondern baute nach und nach auch ein Handelsimperium mit teils recht attraktiven Immobilien in zentraler Lage auf. 2012 übernahm er gemeinsam mit dem israelischen Diamantenhändler Beny Steinmetz das berühmte Kaufhaus des Westens, das KaDeWe, in Berlin. Europaweit bekannt wurde er 2014 mit dem Kauf der angeschlagenen deutschen Warenhauskette Karstadt, die er sanierte. Nachdem sich Benko 2019 auch den Karstadt-Konkurrenten Kaufhof einverleibt hatte, fusionierte er die beiden Kaufhäuser unter dem Dach der „Galeria Karstadt Kaufhof GmbH“.

Mit dem Kauf der österreichischen Möbelketten Kika und Leiner verschaffte sich Benko den Eintritt in den heimischen Handel. Ebenfalls 2018 beteiligte sich Benko mit knapp 25 Prozent an den österreichischen Tageszeitungen Kronen Zeitung und Kurier.

„Tiroler des Jahres 2011“

Der „Tiroler des Jahres 2011“ ist nicht unumstritten. Benko steht regelmäßig im Fokus wegen seiner Immobiliengeschäfte, dem Geschäftsgebaren der Signa-Gruppe, seiner offenbaren Nähe zu Politikern und dem Vorwurf der politischen Einflussnahme in Österreich. Im Herbst 2022 hatte es Hausdurchsuchungen bei der Signa-Gruppe durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegeben. Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid wirft Benko vor, dieser habe ihm einen Job im Signa-Konzern angeboten, wenn Schmid im Gegenzug millionenschwere Steuerangelegenheiten für ihn „auf Schiene“ bringe. Benko bestreitet sämtliche Vorwürfe.

Pleite von Kika/Leiner

Auch der Umgang mit Galeria Karstadt Kaufhof in Deutschland brachte Benko Kritik ein, weil Galeria insgesamt knapp 700 Mio. Euro Staatshilfen bekam, dann in großem Stil Leute kündigte und Filialen schloss. Für ähnliche Kritik sorgte das Vorgehen seiner Möbelhauskette Kika/Leiner in Österreich. Während der Coronapandemie unterstützte der österreichische Staat die Möbelhausgruppe mit Steuerstundungen in Höhe von 150 Mio. Euro, zudem schickte der Möbelhändler fast alle 4.200 Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Hälfte der Kika/Leiner-Belegschaft gekündigt

Anfang Juni 2023 zog sich Benko aus der erst 2018 von der südafrikanischen Steinhoff-Gruppe übernommenen Kika/Leiner-Gruppe zurück. Seine Signa-Gruppe verkaufte die Immobilien der Möbelkette Kika/Leiner an die Grazer Supernova-Gruppe. Kurz nach dem Verkauf wurde bekannt, dass rund die Hälfte der Kika/Leiner-Belegschaft gekündigt werden müsse, wenige Tage später wurde die Insolvenz der Möbelkette angemeldet. Der Hergang und die Folgen der größten Insolvenz der vergangenen zehn Jahre brachten den Geschäftsmann erneut in die Schlagzeilen.

Signa Sports United zahlungsunfähig

2023 ist kein gutes Jahr für Benko, denn die Probleme häufen sich. Die EU-Bankenaufsicht unterzieht die Kredite von Banken an die Signa-Gruppe einer Sonderprüfung. Der Abschwung am Immobilienmarkt trifft die Signa Holding hart. Hohe Abwertungen auf das Immobilienportfolio drückten das Ergebnis der Signa Prime Selection AG im vergangenen Jahr tief ins Minus. Die Signa Sports United, der Online-Sportartikelhändler rund um Benko, ist zahlungsunfähig und musste im Oktober Insolvenz anmelden.

Auf wachsenden Druck von Gesellschaftern hin zieht sich Benko nun aus dem Beirat der Signa Holding zurück und übergibt die Position an den deutschen Sanierer Arndt Geiwitz. Geiwitz war zuvor schon als Sanierungsberater ins Boot geholt worden und kennt bereits die kriselnde Warenhauskette Galeria Kaufhof Kaufstadt als Sanierer im Signa-Reich.