Es war mehr als nur ein holpriger Start der dritten KV-Verhandlungsrunde. Die Aufregung auf Seiten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Metalltechnischen Industrie war am Freitag groß. Im Vorfeld gab es in den zwei Runden noch keinerlei Annäherung gab. Kurzzeitig schaute es nach einem Abbruch aus. Die Arbeitgebervertreter sagten die geplanten Verhandlungen ab. „Grund dafür sind anonyme Drohungen gegen Repräsentanten der Metalltechnischen Industrie“, hieß es in einer Aussendung.

Daraufhin hatten die Gewerkschaften wiederum postwendend klargestellt, dass sie derartige Aggressivität selbstverständlich ablehnen. Am frühen Nachmittag nahmen die Sozialpartner die Gespräche in der Wirtschaftskammer wieder planmäßig auf. Inzwischen wurde der Drohbrief auch der Polizei übermittelt. Schlussendlich kam es dann rasch wieder zu einem ergebnislosen Abbruch der Runde am Freitagnachmittag nach nur drei Stunden.  Die Standpunkte lagen wohl schon vorher allzu weit auseinander. Nun folgen am 23. Oktober Betriebsversammlungen in der gesamten Metallindustrie.

„Einseitig“ abgebrochen

Laut einer Aussendung der Arbeitgebervertreter vom Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI) gab dieser den Gewerkschaften PRO-GE und GPA die Schuld für einen „einseitigen“ Abbruch. Ein Gewerkschaftsvertreter bestätigte den Abbruch, bevor die Aussendungsreplik folgte: Die Rede ist von „Hohn“, dass das Angebot der Arbeitgebervertreter darstelle: „Sie zeigen keinerlei Bereitschaft, ernsthafte Verhandlungen zu führen.“

Betriebsversammlungen folgen

Die Arbeitgeber sind am Freitag bei ihrem bisherigen Angebot geblieben. „Die Belegschaften werden deshalb ab Montag bei Betriebsversammlungen von ihren Betriebsräten informiert. Dabei werden vorsorglich Beschlüsse für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen eingeholt“, hieß es von den Gewerkschaftern Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Die Forderung der Arbeitnehmenden nach 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt bleibt weiter aufrecht.

Wirbel im Vorfeld

Bevor es überhaupt zu Gesprächen kam, schrieb der Fachverband der Metalltechnischen Industrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ) in einer Aussendung: „Der Fachverband fordert aufgrund dieser Entwicklungen die Gewerkschaften auf, sich öffentlich von Beschimpfungen und Drohungen gegen die Arbeitgeber zu distanzieren und zu einem sachlichen und nicht diffamierenden Kommunikationsstil überzugehen.“

„Drohungen sind absolut inakzeptabel, ein solches Vorgehen lehnen wir ab. Sozialpartnerschaftliche Gespräche sind das Gegenteil von Aggressivität“, so die Verhandler der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA), in einer Aussendung zu den Arbeitgebervertretern. „Gleichzeitig weisen wir den Vorwurf zurück, an solchem Verhalten schuld zu sein.“ Und: „Wir gehen davon aus, dass konstruktive Verhandlungen zeitnah wieder aufgenommen werden.“

Nach dem, auch für die traditionell schwierigen KV-Verhandlungen in der Metallindustrie, ungewöhnlichen Auftakt scheint eine Einigung in weiter Ferne zu liegen. Die Arbeitgebervertreter bieten 2,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt plus einer Einmalzahlung von 1050 Euro. Durch ihr Angebot „würden die Beschäftigten der Branche durchschnittlich 7 bis 9 Prozent (niedrigere Löhne) netto mehr erhalten“. Die Inflation sei auf 6,1 Prozent gesunken und sinke weiter. Bei KV-Verhandlungen wird traditionell der Durchschnittswert der Inflation der vergangenen zwölf Monate herangezogen. Das sind in diesen Verhandlungen heuer eigentlich 9,6 Prozent. „Die Branche befindet sich in einer Rezession mit Auftragseinbrüchen bis zu 30 Prozent bei einzelnen Betrieben“, heißt es in ihrer Aussendung.

Debatten um neue Regeln für Verhandlungen

Wirtschaftsforscher und Arbeitgeber haben zuletzt angeregt, dass nicht mehr die rollierende Inflation über ein Jahr die Basis für die Gehaltserhöhung sein soll, sondern auch andere Alternativen angedacht werden sollten – wobei sich selbst die Ökonomen nicht einig sind. So hat IHS-Chef Holger Bonin eine Öffnungsklausel ins Spiel gebracht, also, dass schlecht gehende Unternehmen keine Lohn- und Gehaltserhöhung zahlen müssten. Dies sieht Wifo-Experte Benjamin Bittschi kritisch, schließlich sei es schwer zu ergründen, ob es einem Betrieb aufgrund der hohen Kosten oder wegen anderer Gründe schlecht geht – hiermit könnten Unternehmen gestützt werden, die nicht produktiv genug seien. Bittschi plädiert für einen kürzeren Durchrechnungszeitraum der Inflation als Basis für die Verhandlungen.