Auf der A 2 bei Arnwiesen fiel am 11. Juni zu Mittag einer Zivilstreife ein Transporter auf, den sie kontrollieren wollte. Dem Fahrer war das "Stopp Polizei"-Zeichen und das Blaulicht nicht deutlich genug. "Ich wusste nicht, dass es die Polizei ist. Ich habe mich verfolgt gefühlt", versucht der in Deutschland lebende Afghane (27) Richter Erik Nauta zu erklären.

Filmreife Szenen

Die Folge waren filmreife Szenen: Er beschleunigte, er bremste abrupt, er lenkte von der ersten auf die dritte Fahrspur aus und zurück und überholte auf dem Pannenstreifen. Die Zivilstreife entging einer Kollision nur durch eine Notbremsung. "Wir ließen uns dann zurückfallen." Auf der Autobahnauffahrt Graz-Ost verfehlte der Transporter einen roten Pkw um Haaresbreite – und das nur, weil der bremste, dass es staubte.

Erst bei Mooskirchen hielt der Raser an, sprang aus dem Auto und versuchte zu Fuß zu fliehen. Die Polizisten stoppten ihn nach wenigen Metern. Das Fluchtauto rollte inzwischen rückwärts und krachte in den Streifenwagen. An Bord des Fluchtautos: 14 geschleppte Personen aus verschiedenen Ländern.

"Es gab einen Luftschlitz ..."

Unter Anleitung von Verteidiger Thomas Klein gesteht der Angeklagte fast alles, was ohnehin kaum zu bestreiten ist: die gewerbsmäßige Schlepperei und die vorsätzliche Gemeingefährdung zumindest der Geschleppten, der Polizisten und des Fahrers des roten Pkw durch seine Fahrweise. Vehement bestreitet er, die Geschleppten vorsätzlich Qualen ausgesetzt zu haben. Ein Komplize in einem Begleitfahrzeug, dessen Namen er der Polizei genannt hat, habe versprochen, "dass sie Wasser haben. Und es gab einen Luftschlitz. Es war vorgesehen, dass wir zwischen Wien und Italien anhalten, um sie zu versorgen. Aber es kam nicht mehr dazu." Er sei ja selber durch Schlepper nach Deutschland gekommen ...

Er gibt sogar zu, dass es schon seine zweite Schlepperfahrt durch Österreich war. Als er gemerkt habe, dass es gefährlich wird, "habe ich angehalten". Die Polizisten vermuten, das war, weil auf der Auffahrt zur Pack schon ein Streifenwagen auf ihn wartete.

Durch die Gewerbsmäßigkeit verschärft sich die Strafdrohung für die Schlepperei, strafbestimmend ist aber ohnehin die vorsätzliche Gemeingefährdung mit bis zu zehn Jahren Haft. Der Verteidiger bittet für den Unbescholtenen um ein mildes Urteil. Nach der Machtübernahme der Taliban habe er seinen Eltern zur Flucht verhelfen wollen, und dafür dringend Geld gebraucht, eine "hehres Motiv", das natürlich nichts an der Strafbarkeit ändere.

Der Schöffensenat verurteilt ihn zu drei Jahren Haft. Er hatte auf eine teilbedingte Strafe gehofft. "Keine Chance", erklärt Richter Nauta. Der Angeklagte nimmt Bedenkzeit.