Lange dauert es nicht, bis sich der kleine Schwarm aus dem weißen Plastikkübel befreit und in sein neues Heimatgewässer losschwimmt: "Immer stromaufwärts", wie Naturschutzbund-Präsident Johannes Gepp begeistert beobachtet. 3000 Elritzen, die im Gesäuse gefangen und in der Obersteiermark weitergezüchtet wurden, werden im Grazer Ragnitzbach ausgesetzt. Die erste Hälfte schwimmt bereits im Bach, die zweite Hälfte folgt nächste Woche.

Das Grazer Wiederansiedlungsprojekt soll ein großes Comeback werden: Denn die Elritze, ein kaum fingerlanger Karpfenfisch, galt bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts als "Massenfisch" und war in der gesamten Steiermark in Bächen, Seen und Teichen weit verbreitet. In Graz und Umgebung schwamm sie nicht nur in sämtlichen Bächen, sondern auch in der Mur und ihren Auengewässern. Verschmutzung und Verbauung sind schuld daran, dass die Fischchen aber mittlerweile verschwunden sind – so wurden bei einer aktuell durchgeführten Befischung im Ragnitzbach überhaupt keine Elritzen gefunden. Auch auf der Roten Liste der gefährdeten Fische der Steiermark gilt die Art als gefährdet (vulnerable) – trotz ihrer schlauen Überlebenstaktiken, so meidet sie tagelang den Tatort, wenn ein Fisch aus dem Schwarm verletzt wurde und lässt sich bewegungslos auf den Grund absinken, wenn Gefahr droht.

Die Elritze war heimischer Fisch des Jahres 2016 und sollte als Botschafter für die bedrohte Artenvielfalt dienen
Die Elritze war heimischer Fisch des Jahres 2016 und sollte als Botschafter für die bedrohte Artenvielfalt dienen © Österreichisches Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz (ÖKF)

"Das Ökosystem Fließgewässer braucht die Elritze aber, um zu funktionieren", sagt Gewässerökologe Albert Rechberger. Nicht zuletzt sind die gelb-bräunlich gefärbten Fische nämlich ein Beutetier der Forellen. In der Steiermark gibt es seit Jahren Bemühungen von Wiederansiedlungen – die in einigen Gewässern auch bereits erfolgreich waren. In Graz nahm sich der Naturschutzbund, der seit Jahrzehnten den Großteil der Grazer Bäche pachtet, um die Ökologie dieser Bäche zu erhalten, vor, die Elritze wieder im Ragnitzbach anzusiedeln. Die Renaturierung der Grazer Bäche sieht der Naturschutzbund als wesentliches Anliegen und Beitrag zum Gewässer-, Biodiversitäts- und Klimaschutz. "Wir sind jetzt dabei, die Schädigungen an den Bächen wieder gutzumachen", sagt Gepp. Dazu gehöre eben auch der Besatz mit der Elritze.

Besatz der Elritzen im Ragnitzbach: Bezirksvorsteher und Fischereiaufseher Josef Schuster, Ökologe Albert Rechberger, Naturschutzbund-Präsident Johannes Gepp, Fischzüchter Thomas Pock Joe Tertinegg und Oliver Zweidick (Naturschutzbund-Projektleiter)
Besatz der Elritzen im Ragnitzbach: Bezirksvorsteher und Fischereiaufseher Josef Schuster, Ökologe Albert Rechberger, Naturschutzbund-Präsident Johannes Gepp, Fischzüchter Thomas Pock Joe Tertinegg und Oliver Zweidick (Naturschutzbund-Projektleiter) © privat

Die Wahl fiel auf den Ragnitzbach, weil er einer der konstant wasserführenden Bäche der Stadt ist – und es sind ausreichend Nährtiere für die Fische vorhanden: "Köcherfliegen, Eintagsfliegen, Zuckmücken, Kriebelmücken ..." listet Oliver Zweidick auf, er ist beim Naturschutzbund Projektleiter der Bereiche Entomologie und Makrozoobenthos. Fische sind im Bach trotzdem nur mehr wenige zu finden, sagt Gepp: "Es gibt Schmerlen und Bachforellen – vor 25 Jahren haben wir den ganzen Bachlauf über verteilt noch ein Dutzend Arten gefunden."