Sie wird ab 1. Jänner 2023 das Grazer Kunsthaus leiten: Die slowenische Politikwissenschaftlerin, Kulturanthropologin und Medienwissenschaftlerin Andreja Hribernik übernimmt die Agenden der Gegenwartskunst in Graz. Hribernik, geboren 1978, hat in Ljubljana studiert, von 2010 bis 2013 war sie an der Moderna Galerija in Ljubljana in der Projektkoordination und Digitalisierung zuständig. Seit 2013 ist sie Direktorin des  Museum of Modern and Contemporary Art Koroška (KGLU) in ihrer Geburtsstadt Slovenj Gradec. 

Die Jury hat sich einstimmig für Hribernik als neue Alleingeschäftsführerin des Kunsthauses entschieden. Stella Rollig, Vorsitzende der Hearing-Kommission, erklärte bei einer Pressekonferenz via Videozuschaltung: "Wir waren begeistert von ihr: Sie hat aus einem regionalen Museum - ohne Startvorteil - ein Haus gemacht, das in der europäischen Museumswelt nun eine Rolle spielt. Wir waren von ihrer Motivation und ihrem Engagement, ihrem Wissen und ihrer Persönlichkeit über Maßen beeindruckt." Die Slowenin, die auch deutsch spricht, zeigte der Jury, "dass sie mit dem Profil und der Geschichte des Grazer Kunsthauses bestens vertraut ist", sagte Rollig weiter. Sie habe "erfrischende Zugänge präsentiert", wie man den Dialog mit dem Publikum finden könne. Wichtig sei vor allem die Digitalisierung und die Interaktivität mit den Menschen.

Hribernik selbst bedankte sich für das Vertrauen: "Ich nehme das nicht leicht, denn das Kunsthaus ist eine Landmark in der Region. Es ist eine große Herausforderung in die Schuhe meiner Vorgänger zu treten." Sie wolle sich mit den Ausstellungen den "Dringlichkeiten der Welt" widmen: "Kunst kann da eine wichtige Rolle spielen und Graz im Besonderen spielt auch eine überregionale Rolle." Sie werde jedenfalls neben den Ausstellungen auch die digitale Vernetzung mit anderen suchen. "Der Friendly Alien kann ein Impuls für die Zukunft sein."

Die studierte Politikwissenschafterin plant mit einem jährlichen Ausstellungsbudget von 850.000 Euro drei bis vier größere Ausstellungen und kleinere Schauen für Needle und Foyer. Mit dem Budget werde es eine "Herausforderung, denn das Haus ist groß", sagte sie auf Mediennachfrage. Das Grazer Kunsthaus war in den vergangenen Jahren weniger stark besucht, als man sich das erhofft hatte. Hribernik muss die Zahlen daher jedenfalls in die Höhe bringen: "Die Besucherzahlen sind aber durch die Pandemie überall gefallen. Man muss viel tun, um wieder zu den früheren Zahlen zurückzukehren." Sie sehe aber viele Entwicklungsmöglichkeiten in Graz, vor allem auch durch Langzeit-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen. Sie wolle "Themen eröffnen, die uns alle interessieren, wie etwa die Ökologie".

Wolfgang Muchitsch, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Universalmuseums Joanneum, dem das Kunsthaus angegliederz ist, meinte: "Es war keine leichte Wahl. Hribernik war die jüngste Bewerberin." Kulturlandesrat Christopher Drexler unterstrich das: "Manche werden sagen, es ist eine riskante Entscheidung." Doch er sei überzeugt und die Entscheidung sei im "völligen Einklang mit der Jury" gefallen. Die Slowenin habe eine "klare Vorstellung, wie sie das Haus führen will und hat mit Herzblut argumentiert". Besonders der Begriff der Dringlichkeit habe Drexler angesprochen - ebenso wie die "Kunst als Vermittler der gesellschaftlichen Utopie". Für ihn sei es ein Neubeginn, "eine neue Ära im Kunsthaus Graz".

Das Grazer Kunsthaus wurde 2002 eröffnet
Das Grazer Kunsthaus wurde 2002 eröffnet © Jürgen Fuchs

Für die neue Alleingeschäftsführung des Kunsthauses hat es insgesamt neun Bewerbungen – unter anderem aus Kanada, der Schweiz, Deutschland und Slowenien – gegeben. Neben acht Einzelbewerbungen war auch eine Doppelbewerbung eingelangt. Vier Frauen und sechs Männer waren auf der Kandidatenliste zu finden. Zum Hearing am Montag waren fünf Personen geladen, vier sprachen dann vor, eine Bewerbung wurde zurückgezogen. Von den vier Kandidatinnen und Kandidaten blieben letztlich drei Frauen übrig, eine von ihnen war Hribernik.  Die bisherige Leiterin, Barbara Steiner, hat nach ihrem plötzlichen Abgang mit 1. September 2021 die Leitung der Stiftung Bauhaus angetreten. Ihr Vertrag wäre bis 2026 gelaufen. Zwischenzeitlich wird das Kunsthaus von Kuratorin Katrin Bucher Trantow geleitet.