Die tiefste Höhle der Steiermark befindet sich im Rauchtal im steirischen Hochschwabgebiet. 1127 Meter tief ist der Steinbockschacht. Das hat jetzt ein Forscherteam des Naturhistorischen Museums Wien (NMH) und des Landesvereins für Höhlenkunde Wien und Niederösterreich in einer einwöchigen Expedition genau vermessen.

Seit 2011 befassen sich internationale Höhlenforscher mit dem Steinbockschacht. Bereits vor fünf Jahren wurde die Tiefe dieser Höhle mit mehr als 1000 Metern vermessen. Ziel einer einwöchigen Expedition im September 2023 war es, neue Höhlenteile zu vermessen, um in weiterer Folge Daten über die unterirdische Wasserführung zu erheben.

Engstelle überwunden

Zwei Touren waren dafür notwendig: Eine zweitägige Vorbereitungstour führte die Forscher bis in eine Tiefe von 900 Metern. Danach gelang es einem Dreierteam, eine Engstelle in der Nähe des bisherigen Endpunktes auf 1075 Meter unter dem Eingangsniveau zu überwinden und sich weiter abzuseilen. Der tiefste vermessene Punkt ist ein Siphon, also ein Gang, der vollständig mit Wasser gefüllt ist. In nahegelegenen trockenen Röhren konnte in eine noch größere Tiefe vorgedrungen werden. Tatsächlich dürfte der Steinbockschacht also noch tiefer sein.

Die Vorstoßtour dauerte insgesamt 53 Stunden, wobei zweimal in 500 Metern Tiefe biwakiert wurde. Fast alle Höhenmeter in dieser Höhle müssen an fix installierten Seilen überwunden werden, was eine spezielle Ausrüstung und Ausbildung erfordert.

Weg des Wassers wird verfolgt

Zweck der Expeditionen sind neue Erkenntnisse über den Wasserhaushalt des Hochschwabs. Quellen und Brunnen im Massiv decken rund 55 Prozent des Wasserbedarfs von Wien und 30 Prozent von Graz. Hydrologische Untersuchungen in Kalksteinhöhlen bieten die Möglichkeit, das Wasser auf seinem Weg von der Versickerung an der Oberfläche bis zu den Quellen im Tal zu beobachten und zu messen. So wurde im Steinbockschacht in 170 Meter Tiefe eine Messstation installiert, um Schwankungen von Wasserparametern wie Schüttung, Temperatur und Mineralisation aufzeichnen zu können. Außerdem wurden geophysikalische Untersuchungen durchgeführt, um die Wassersättigung des Gebirges zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu bestimmen. 

Mit diesen vom NHM Wien erhobenen Daten kann das Verhalten des unterirdisch fließenden Wassers besser simuliert werden. Damit sollen wiederum Strategien zum Schutz des Trinkwassers entwickelt werden, um beispielsweise auf veränderte Niederschlagsverhältnisse im Zuge des Klimawandels vorbereitet zu sein.