Viele Leute kennen das wohl und finden es lästig: Mehrmals täglich Blutdruck und Puls messen bedeutet mehrmals täglich Manschette anlegen und mit einem Gerät verkabeln. Der Vorgang wird noch dazu oftmals unbewusst zur Stresssituation, die Werte können so verfälscht werden. Genau dieser Umstand hat Forscher von Joanneum Research und der Universität Osaka in Japan dazu angetrieben, eine Lösung zu entwickeln.

Das Ergebnis ist ein Pflaster, das so dünn ist, dass man es kaum spürt. Es besteht aus einer hauchdünnen Folie, auf die die Forscher ein Sensormaterial aus ferroelektrischem Polymer in Verbindung mit einem nur wenige Gramm schweren Elektronikmodul aufgebracht haben. "Wir sind draufgekommen, dass der Sensor auf der Folie eine hohe Sensitivität aufzeigt", erklärt Forscher Andreas Petritz. Aufgrund seiner permanenten elektrischen Polarisation ist das Sensormaterial empfindlich gegenüber mechanischen Bewegungen, es ist also stark piezoelektrisch. Dadurch, dass die Folie als Träger des Sensors so dünn ist – gerade einmal ein Millionstel Meter –, kann die Empfindlichkeit noch gesteigert werden. So sind selbst kleinste Druckänderungen, wie zum Beispiel die Variation des menschlichen Pulsschlags, messbar.

Andreas Petritz hat mit Esther Karner-Petritz zwei Jahre lang am Sekitani Lab in Osaka für das Sensorpflaster geforscht. Die beiden sind Teil des Forscherteams von Materials, dem Institut für Oberflächentechnologie und Photonik der Joanneum Research. Ihre ersten Ergebnisse haben sie im Journal "Nature Communications" publiziert.

Die Forscher Philipp Schäffner, Esther Karner-Petritz, Andreas Petritz und Barbara Stadlober
Die Forscher Philipp Schäffner, Esther Karner-Petritz, Andreas Petritz und Barbara Stadlober © JOANNEUM RESEARCH/Schwarzl

Messdaten könnten drahtlos an Handy übertragen werden

Neben der Pulsrate kann das Sensorpflaster auch Informationen über die Elastizität der menschlichen Blutgefäße geben. Über die Pulswellengeschwindigkeit kann der Blutdruck gemessen werden. Und das soll gänzlich unkompliziert für die Patienten ablaufen: Das Pflaster wird auf die Haut gelegt.

"Es ist weder geklebt noch sonst wie befestigt, dadurch, dass es so dünn ist, passt es sich der Form an", erklärt Esther Karner-Petritz. Mithilfe des integrierten Elektronikmoduls könnten die Daten dann etwa an ein Smartphone drahtlos übertragen werden.

Das Pflaster passt sich der Haut an
Das Pflaster passt sich der Haut an © JOANNEUM RESEARCH/Schwarzl

Pflaster soll sich selbst mit Energie versorgen

Was dazukommt, ist, dass der Sensor Energie gewinnen und sich somit selbst versorgen soll. Aus mechanischen Bewegungen, auf die der Sensor ja reagiert, kann er elektrische Energie erzeugen. Geeignete Bewegungen könnten etwa das Strecken und Beugen des Ellbogens oder des Knies sein. Um die Energie effizient zu gewinnen, mussten die Ströme erst gleichgerichtet werden. Dazu haben die Forscher Schaltungen aus hauchdünnen organischen Gleichrichterdioden entwickelt und auf die dünne Folie gebracht. Schließlich wurde die Folie für die Zwischenspeicherung der Energie noch mit einer hauchdünnen Kondensatorstruktur versehen. "Je nach Aktivität des Anwenders könnten rund 200 mJ an Energie pro Tag geerntet werden. Dies würde für eine dreimal tägliche Blutdruckmessung ausreichen", so Barbara Stadlober, die Forschungsgruppenleiterin von Materials.

Das Projekt ist aber noch nicht abgeschlossen. Die Forscher sind derzeit auf der Suche nach einem Elektronikmodul, das verbrauchsärmer ist, damit die kabellose Datenübertragung funktioniert.