An die 700 Funktionärinnen und Funktionäre hatte die steirische ÖVP am Samstag zu ihrer Steiermark-Konferenz in der Grazer Seifenfabrik zusammengetrommelt. Der Andrang war letztlich größer erwartet, schon am Dienstag musste die Anmeldung gestoppt werden. Der Bauernbundball am Abend zuvor war nur ein willkommenes Zwischenspiel, denn schon am Freitag hat der Reigen mit dem KPV-Landestag begonnen. Die Kommunalpolitische Vereinigung ist die VP-Fraktion im Gemeindebund, Landesobmann Erwin Dirnberger und sein Team wurden wiedergewählt. Auch Peter Amreich, FCG-Spitzenkandidat für die Arbeiterkammerwahl im April, kam kurz zu Wort.

Am Samstag aber werde keineswegs schon der Wahlkampf (für die Landtagswahl im November) ausgerufen, versicherte man im Vorfeld in der VP-Zentrale. Christopher Drexler wolle seine Parteifreunde auf herausfordernde Monate einschwören – dazu setzte er auf die Motivationskünste von Ex-Skirennläuferin Nici Schmidhofer sowie die Unterstützung von Bundesparteichef Karl Nehammer und Generalsekretär Christian Stocker. EU-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka war ebenso mit von der Partie wie Bildungsminister Martin Polaschek und Drexlers Vorgänger in Amt und Partei, Waltraud Klasnic und Hermann Schützenhöfer.

Urban-Style-Dance als Kontrast

Zum Auftakt gab es eine Tanzperformance zu Techno-Klängen, der „Urban Style Dance“ von Christopher Woschitz als krasser Kontrast zu Walzer und Volkstanz in der Nacht zuvor ließ einige Gäste doch etwas ratlos zurück. Klar und eindeutig in der Botschaft dagegen dann die Rede des Bundeskanzlers, der in raschen Schritten den gesamten Themenkatalog von Abgrenzung zur FPÖ über Abschaffung der Steuer auf Überstunden bis hin zur Bereitstellung von mehr Kinderbetreuung, Verbesserung des Gesundheitswesens und Terrorbekämpfung durchlief. Wahlkampfbedingt meinte er zu Beginn, manche hätte in den letzten Jahren „Ängste verstärkt und versucht, dort zu spalten, wo Spaltung möglich ist“. Es sei wichtig, „nicht das Schlechte herauszuholen aus denen, in denen es schon drinnen ist“. Weiters führte er aus: „Unser Problem sind die Rechtsextremen, nicht die Rechten.“ Den Namen Kickl oder die FPÖ erwähnte er auch diesmal nicht explizit.

Ex-Skirennläuferin Nici Schmidhofer sorgte mit ihrer direkten Art für einige Lacher
Ex-Skirennläuferin Nici Schmidhofer sorgte mit ihrer direkten Art für einige Lacher © APA / Erwin Scheriau

Die nachhaltige Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, keine Vermögens- und Erbschaftssteuer sowie Förderung von Wohn-Eigentum und Schaffung von mehr Kinderbetreuungsplätzen, die eine echte Wahlfreiheit der Betreuungsform ermöglichen würde, waren Themen, die erwartungsgemäß abgehandelt wurden. Nehammer sprach sich in aller Deutlichkeit für Klarheit in der Terrorbekämpfung aus: „Bei Terror gibt es keine Neutralität.“ Er schloss mit den Worten: „Wir haben die Chance, mit redlicher Politik die Menschen in eine gute Zukunft zu führen“, und wurde mit Standing Ovations verabschiedet.

Man bleibt gelassen

Landeshauptmann Christopher Drexler begann mit einem Ausblick auf das Superwahljahr: „Europa wählt. Österreich wählt. Die Steiermark zählt“, stellte er in den Raum. Es folgte ein Bekenntnis zur „Kultur der Zusammenarbeit“ und zur „Arbeit bis zur letzten Koalitionsstunde“, dabei seien „tragfähige Kompromisse“ wichtig. „Wir bekommen mit, was andere zum Stil oder Nicht-Stil erkoren haben“, meinte er in Hinblick auf die FPÖ, betonte aber dazu: „Gelassenheit ist unsere Waffe.“ „Es sind raue Zeiten, manche Dämonen des 20. Jahrhunderts sind aus ihren Löchern gekrochen. Da gibt es nur eine Therapie für uns als Volkspartei: Wir müssen zuhören und diese Ängste ernst nehmen, Lösungen finden.“ Als Landeshauptmann „möchte ich einer sein, der zuhört und hilft, wo er kann“. Unverrückbare Grundsätze seiner Politik „und ursteirische Eigenschaften“ seien „Leistung, Eigenverantwortung und Sicherheit“.

Die Seifenfabrik war bis auf den letzten Platz gefüllt
Die Seifenfabrik war bis auf den letzten Platz gefüllt © STVP/KANIZAJ

Anschließend lobte er die Arbeit seiner Regierungsmitglieder in den einzelnen Ressorts. Als Beispiel nannte er unter anderem die Wolfs-Verordnung (von Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer), „ich habe schon nicht mehr gedacht, dass wir das noch erleben werden“, aber dann wurde gut verhandelt.

Auch Gesundheit und Spitäler waren Thema: „Viele Zahnräder müssen hier ineinandergreifen, damit alle die Hilfe bekommen, die sie brauchen.“ Dabei verwies er auf die drei Notarzthubschrauber, die 24 Stunden einsatzbereit sind und nun auch tatsächlich jederzeit fliegen dürfen, nachdem das Nachtlandeverbot am Flughafen das bisher verhindert hatte. In die steirischen Spitäler wurden in den letzten vier Jahren 1,13 Milliarden Euro investiert: „Dafür würde man aktuell 43.000 VW-Golf kaufen können“, veranschaulichte Drexler die Summe.

Neue „Steirer-Ambulanzen“

Echten Neuigkeitswert hatte die von Drexler angekündigte Einführung von, wie er es nennt, „Steirer-Ambulanzen“. Ein bis drei solcher zusätzlichen medizinischen Anlaufstellen „für kleinere Wehwehchen und Probleme“ außerhalb der Spitäler sollen in jedem Bezirk entstehen und 24 Stunden lang offen stehen. Er habe Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl mit dem Ausarbeiten eines Detailkonzepts und Verhandlungen mit der SPÖ beauftragt, noch heuer soll das Konzept in einer Pilotregion erprobt werden.

In Bezug auf Landwirtschaft und die Standortdebatten ortete Drexler den „Wunsch nach Stabilität“, was nichts mit Stillstand zu tun habe. „Stabilität ist die Voraussetzung für Dynamik.“ Zum Thema Verkehr sprach er sich für den Ausbau der A 9 südlich von Graz aus und betonte: „Die zwei Spuren sind nicht genug, auch die batteriebetriebenen Fahrzeuge werden Fahrbahnen brauchen.“ Leonore Gewessler (Grüne) bezeichnete Drexler ironisch als „Lieblingsministerin unseres Bundeslandes“, auch wegen ihrer ablehnenden Haltung zu einer Flughafen-Haltestelle der Koralmbahn.

Iris Drexler (rechts) mit Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg und den ÖVP-Regierungsmitgliedern
Iris Drexler (rechts) mit Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg und den ÖVP-Regierungsmitgliedern © STVP/KANIZAJ

Leitkultur sei für ihn nicht „Auszüge aus der Speisekarte vom Dorfwirt“, sondern das Bekenntnis zu „Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit“ sowie ein „Bekenntnis zur Gleichberechtigung von Mann und Frau“. Die Leitkultur sei nichts anderes als eine „Hausordnung für Österreich und die Steiermark“, und damit etwas ganz Normales, wo Menschen zusammenleben. Nach einer guten Stunde schloss Drexler mit der Versicherung: „Wir haben noch viel vor“, und wurde ebenfalls mit viel Applaus und Standing Ovations verabschiedet.

Aber die Umfrage

Die im „Standard“ erschienene Market-Umfrage, die die steirische ÖVP in der Sonntagsfrage auf den dritten Platz hochrechnet, konnte die Partei freilich nicht ignorieren. Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg zweifelte einmal mehr die Qualität der Umfragen des Instituts an und versuchte das mit Vergleichen zu den tatsächlichen Wahlergebnissen von Tirol bis Niederösterreich zu untermauern. Die ÖVP sei immer deutlich unterbewertet worden. „Wenn ein Institut so danebenliegt, müssen Fragen schon erlaubt sein. Ist das Zufall oder einfach Pech?“ Eigene Umfragen würden Christopher Drexler seit Beginn seiner Amtszeit als Landeshauptmann und auch jetzt stets auf Platz eins ausweisen, so Eisel-Eiselsberg. Klar sei aber auch, vom Wahlergebnis von 2019 sei man weit entfernt. Es werde auf einen engen Dreikampf um die Spitze hinauslaufen, wie es ihn schon 2015 gegeben hat. Da hatte übrigens die SPÖ am Ende die Nasenspitze vorne.

Reaktionen

Die Reaktionen der Oppositionsparteien ließen nicht lange auf sich warten. FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek forderte in einer Aussendung sofortige Neuwahlen. „Statt Umfrageinstitute untergriffig zu attackieren, wäre es an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen für diese katastrophale Politik der ÖVP, die einzig und allein diese schlechten Umfrageergebnisse zu verantworten hat“, so der FPÖ-Landeschef. Niko Swatek (Neos) kritisierte Drexlers Aussagen in Bezug auf Kinderbetreuung und Bildung. In der Realität schneide kein anderes Bundesland so schlecht ab wie die Steiermark. „Die Steiermark hat die rote Laterne im Bundesvergleich und der Landeshauptmann spricht von einem guten Weg“, teilte Swatek in einer Aussendung mit.