Können Sie kurz den Weg von den ersten Symptomen bis hin zur Operation schildern?
BERNHARD GRUBER: Die Symptome waren echt drastisch. Ich war mit dem Mountainbike unterwegs, hab den ersten Hügel noch normal geschafft, doch gingen mir beim zweiten Hügel Kraft und Luft aus. Außerdem verspürte ich massive Brustschmerzen wie bereits ein paar Mal im Weltcup. Ich hatte das Gefühl, mir rammt jemand ein Messer in die Brust und wusste, dass da etwas nicht passt. Ein guter Kollege von mir in Schwarzach ist Arzt, den habe ich dann kontaktiert.

Gibt es bei Ihnen eine familiäre Vorbelastung?
GRUBER: Ja, eine Stoffwechselerkrankung, die für eine Erhöhung des schlechten Cholesterins sorgt. Ich habe davon gewusst und versucht, es mit Pflanzenextrakten in den Griff zu bekommen.

Wie ging es dann weiter?
GRUBER: Dann ging es Schlag auf Schlag und ich hatte gar nicht viel Zeit zum Nachdenken. Am 16. März hatte ich eine Herzcomputertomografie und da hat sich gezeigt, dass ich an den vorderen Herzkranzgefäßen ein 90 bis 95-prozentige Stenose, also eine Verengung von Hohlkanälen, habe und knapp vor einem Herzinfarkt stand. Der Arzt hat im Nachhinein gesagt, dass es fünf Minuten vor zwölf gewesen sei.

Eine schockierende Diagnose!
GRUBER: Ja, da hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Gleich am nächsten Tag, also einen Tag vor dem ersten Lockdown, wurde ich dann in Schwarzach operiert und mir wurde ein Stent eingesetzt. Die nächsten vier Tage musste ich im Krankenhaus bleiben und mir schwirrten so viele Gedanken durch den Kopf: Kann ich je wieder all die Sachen, die ich so liebe, wieder machen?

Glücklicherweise ja, wie sich später herausstellte.
GRUBER: Ja, die Ärzte haben mir noch im Spital gesagt, dass sie eine Rückkehr in den Spitzensport nicht ausschließen. Und es wurde dann auch schlagartig besser. Zuerst habe ich mit leichten Belastungen wie Treppensteigen begonnen, nach zwei Wochen bin ich das erste Mal mit maximal 120 Puls gelaufen. Und dann ist auch langsam die Angst in Hoffnung übergegangen. Ich machte schnell gute Fortschritte und hatte keinerlei Beschwerden mehr. Ich war zwar noch immer extrem vorsichtig, aber nach einem Belastungs-EKG, das echt super ausgefallen ist, bin ich mit dem Puls erstmals wieder über 180 rauf und habe gemerkt, es passt wieder alles so wie früher. Und als der Arzt dann sagte, dass ich wieder alles zu einhundert Prozent machen kann, war das für mich der größte Sieg in meinem Leben. Wieder ein ganz normales Leben zu führen - ohne Folgeschäden!

Gehörten Sie nach der Operation hinsichtlich Covid-19 einer Risikogruppe an?
GRUBER: Nein, Gott sei Dank nicht. Aber ich habe in meinem näheren Umfeld schon so oft gehört, wie aggressiv der Virus sein kann und hoffe, nie Corona zu bekommen. Die Ärzte sagen, dass der Virus sehr unberechenbar ist. Außerdem wird der Kreis um einen herum immer enger - da beginnt man schon nachzudenken.

Und dann kam das "Grüne Licht" für den Spitzensport.
GRUBER: Genau. Bis dahin hatte ich ja noch keine Freigabe vom ÖSV, doch am 10. Oktober war es dann endlich so weit. Und seitdem arbeite ich an meinem Comeback. Bis dahin durfte ich ja noch nicht Springen, dafür habe ich aber an meinen Grundlagen gearbeitet.

Halten Sie eine Rückkehr in den Weltcup in der bevorstehenden Saison für realistisch?
GRUBER: Mein Leistungszustand ist prinzipiell sehr gut. Ich werde es davon abhängig machen, wie ich mich beim Springen und Laufen fühle. Mein Traumziel wäre natürlich ein Start bei der WM, aber dafür müsste ich mich erst qualifizieren. Ich weiß noch nicht einmal, wann ich in den Weltcup einsteigen kann. Und wenn ich dann nur zwischen Platz 30 und 40 herumgurke, macht es keinen Sinn.

Aufgrund der Corona-Pandemie drohen Geisterwettbewerbe.
GRUBER: Die FIS macht einen guten Job, die Maßnahmen helfen. Es ist toll, dass überhaupt Wettkämpfe stattfinden können. Auch, wenn ohne Zuschauer natürlich die Emotionen verloren gehen.

Klappt es heuer nicht, würden Sie dann noch eine Saison anhängen?
GRUBER: Olympia wäre schon noch ein Ziel von mir. Aber ich muss von Jahr zu Jahr schauen, immerhin bin ich ja schon 38 Jahre alt. Viele sagen ,Was will der alte Depp noch?', aber solange es die Fitness noch zulässt und ich das Gefühl habe, aus meinem Körper noch etwas herauskitzeln zu können, möchte ich weitermachen.

Sie haben im Sommer einmal mit den Kombinierer-Damen trainiert. Wäre ein Trainerjob auch etwas für Ihre Zukunft?
GRUBER: Das könnte ich mir durchaus vorstellen, ich würde gerne meine Erfahrungen weitergeben. Das Training mit den Damen hat gut funktioniert und Spaß gemacht. Und das Tolle war, dass man gleich erste Auswirkungen gesehen hat und ich ein gutes Feedback von den Athletinnen bekam.

Hat die Herzoperation Ihre Sicht auf das Leben verändert?
GRUBER: Ich höre jetzt besser auf meinen Körper und achte mehr auf mein Herz. Auch, wenn ich weiß, dass ich im Wettkampf wieder verbissen sein und viel von mir erwarten werde. Trotzdem hoffe ich, etwas lockerer an die Dinge herangehen zu können.