Ihr Name steht für Erfolg. Marlies Schild mochte es nie gern, zu verlieren. Und deswegen kämpfte sie immer um den Sieg. Mit Erfolg: 37 Weltcup-Siege stehen auf der Habenseite. 35 davon im Slalom, mehr als jede andere Läuferin vor ihr. Dazu zwei Weltmeistertitel und vier Olympia-Medaillen. Das Einzige, was zur Perfektion fehlt, ist Olympia-Gold. Es wird nicht mehr kommen. Denn heute, Punkt 10 Uhr (live ORF eins), wird Österreichs Slalom-Königin abdanken, ihr Karriereende bekannt geben.

Andere Prioritäten

Sie wird aufhören, um Siege auf zwei Brettern zu kämpfen, ihren Körper zu quälen. Ein Abschied, der sich angekündigt hatte. Nach Olympia hatte sie schon anklingen lassen, "dass sich die Prioritäten verschieben". Und nach dem Weltcup-Finale sprach sie überhaupt vom "fehlenden inneren Feuer". Es scheint so, als ob der Funke nicht mehr gezündet hat. Oder das Feuer lodert nun eben für andere, neue Prioritäten.

Schild kennt die Sonnenseiten ihres Berufes so gut wie kaum eine andere. Aber sie kennt auch die Talsohlen, die Schattenseiten. Denn nicht weniger als sieben Knieoperationen musste sie sich unterziehen, dazu kam am 9. Oktober 2008 ein offener Trümmerbruch des Schienbeins - ähnlich den Verletzungen von Hermann Maier und Matthias Lanzinger, der überhaupt seinen Unterschenkel verlor. An diesem Schicksal schrammte die 33-Jährige aus Saalfelden vorbei - und nicht nur das: Sie kämpfte sich zurück.

Wieder einmal. Denn auch wenn die stets bescheidene Dame bei ihren Slalom-Fahrten wirkte, als ob sie lächelte, so war es in Wahrheit der verbissene Kampf, der sie die Zähne aufeinanderpressen ließ. Der Kampf, besser zu sein als die anderen. Und das gelang ihr auch, denn Schild setzte neue Standards im Damen-Slalom. Sie distanzierte in ihrer Glanzzeit die Konkurrenz nach Belieben, feierte Siege mit Rekordvorsprüngen. Gestoppt nur von Verletzungen, wie auch kurz vor der Heim-WM in Schladming, wo sie Gold-Favoritin gewesen wäre. Wäre da nicht ein Innenbandriss dazwischengekommen. Was Weltmeisterschaften betrifft, ist sie trotzdem keine Unvollendete, die Goldene hatte sie schon zwei Jahre zuvor in Garmisch eingefahren. Damals noch mit einem 30 Zentimeter langen Nagel im Schienbein.

Sie schaffte trotzdem noch den Rekord, der ihr vielleicht am wichtigsten war - das Übertrumpfen der 34 Slalom-Siege der Schweizerin Vreni Schneider. Just auf österreichischem Schnee, in Lienz, gewann sie am 29. Dezember 2013 ihren 35. Slalom und ihr letztes Weltcup-Rennen. Es folgte Olympia-Silber in Sotschi - samt der Erkenntnis, "dass ich Gold nicht verloren, sondern Silber gewonnen habe. Ich bin zufrieden". Die Zufriedenheit stellte sich ein, löschte das innere Feuer nach dem Mehr. Deshalb nimmt die Slalom-Königin ihre Krone und geht den nächsten Schritt in ihrem Leben. Familie, Kinder - vor allem aber: keine Zeitnehmung mehr.