Die Orlowskis waren verzweifelt. Ihr Taxifahrer ebenfalls. Er hatte keinen blassen Schimmer, wovon die beiden gefaselt hatten. Noch nie hatte er etwas von „Iron Man“ gehört. Seine Vermutung: Es musste sich um irgendeinen Code der stationierten US-Marines handeln. Und damit lag er gar nicht so falsch. Sie klapperten die Gegend ab und irgendwo auf der hawaiianischen Insel O’ahu sprang das Ehepaar vom amerikanischen Festland an diesem 18. Februar 1978 aus dem Auto und stoppte einen Jogger. Ihr Sohn Dave war bereits seit über 10 Stunden unterwegs, nachdem er 2,4 Meilen (3,86 km) im Meer geschwommen war und 112 Meilen (180,2 km) auf dem Rad abgespult hatte. Eine „Schnapsidee“ unter Soldaten ließ ihn vor Honolulu während der letzten Triathlon-Disziplin, einem Marathonlauf, wanken. Doch er fiel nicht. Sein Vater fing ihn rechtzeitig auf, motivierte ihn. „Er umarmte mich und sagte mir, dass er sehr stolz auf mich ist. Und er meinte, dass er mich im Ziel empfängt“, erinnert sich einer der ersten „Eisernen“ Dave Orlowski unter Tränen.

"Den ersten nennen wir Iron-Man"

Seine Torturen fanden erst nach 13:59:13 Stunden ein Ende. Als dritter Mensch überhaupt schleppte er sich hinter Gordon Haller und John Dunbar ins Ziel. Noch immer sei das alles sehr emotional für ihn, meint er. Schließlich hatte der damals 22-Jährige an diesem Tag seinen Dad zum letzten Mal gesehen. Im Jahr darauf starb er.

Pionier: Dave Orlowski ist seit 1978 ein Ironman

Mittlerweile ist aus diesem Wettstreit unter Marines ein wahres Geschäfts-Imperium entstanden. „Wir saßen damals bei einem kühlen Bierchen und haben gescherzt. Wer als Erster ins Ziel kommt, den nennen wir Iron Man, sagte Offizier John Collins (gilt als Urheber, Anm.). Nie hätten wir uns erträumt, dass aus so etwas Verrücktem ein Erfolgs-Mantra entstehen hätte können“, meint Orlowski, der seit seinem „Comeback“ 2008 bereits bei weiteren 29 Ironman-Rennen am Start gewesen ist.

Man sehe viele schöne Plätze, treffe Freunde und freut sich immer, das Ziel zu erreichen, schildert der Ex-Militärpolizist. So wie 1978 sei es klarerweise aber nicht mehr. Denn Ironman ist nicht nur Marke, sondern Sportart, aber vor allem Lifestyle geworden. Zehntausende Euros investieren Athleten jährlich in ihr Hobby. „Die Leute suchen nach Herausforderungen, wollen sich beweisen. Jeder hat eine andere Geschichte. Beim Ironman kann ein Einzelner zum Helden werden.“

Ein Held für viele Nachahmer wurde auch Orlowski. Immer wieder von Verletzungen und Krankheiten gebeutelt, gab er nicht auf. Schulter, Knie und zuletzt kämpfte er ebenso ausdauernd gegen den Krebs (Leukämie). Anmerken lässt sich der 62-Jährige von all dem nichts. 2010 nahm er noch selbst beim Ironman in Klagenfurt teil, dieses Mal unterstützt er Freunde. „Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder bei einem Rennen starten kann“, sagt Orlowski. Er genießt in der Zwischenzeit das Bad in der Menge und dass er in der Szene erkannt werde – als einer der legendären Eisernen von Hawaii 1978.

Bunter und teurer

Wenn er über das Ironman-Gelände schlendert, wird ihm allerdings bewusst, wie lange diese Premiere bereits zurückliegt. Die Ausrüstung ist bunter und teurer geworden. Viele Athleten schwören heute auf die neuesten Technologien. Orlowski lächelt: „Ich musste mir damals kurz vor dem Rennen ein Fahrrad ausborgen.“

Seine weitere Ausrüstung wirkte ebenfalls spartanisch, wenngleich funktionell. „Ich habe mir nach dem Schwimmen eine abgeschnittene Jeans angezogen. In den Taschen hatte ich ein wenig Geld, um mir unterwegs Essen und Getränke zu kaufen.“ Für Orlowski sowie die anderen 14 Männer, von denen insgesamt zwölf das Ziel erreicht hatten, war es in erster Linie ein Abenteuer. „Niemand wusste, was uns da erwartet“, so der Pionier. Schon gar nicht in der schlaflosen Nacht davor.