Hamburg ist im Tennisfieber. Das, ist man versucht zu sagen, mag in Österreich keine große Rolle spielen, dem ist aber nicht ganz so. Denn schließlich ist eine österreichische Agentur verantwortlich für dieses Fieber. "MatchMaker", gegründet von Peter-Michael und nun geführt von dessen Tochter Sandra Reichel, hat für fünf Jahre die Hamburg European Open, wie das Stadthallenturnier in Wien ein Event der ATP-500-Kategorie, organisiert.

Zum zweiten Mal läuft das Turnier in diesem Jahr als "Shared Event", als Turnier für Frauen und Männer, ab. Die Reichelts haben dafür die ihnen gehörende Lizenz für ein WTA-250-Turnier eingebracht, die Lizenz für das Herren-Turnier kam vom Deutschen Tennisbund, dessen Sitz praktischerweise im Tennisstation am Rothenbaum in der Hansestadt ist. Das Stadion inmitten des Klubs im mondänen Stadtteil der Hansestadt ist tatsächlich ein Schmuckstück: 10.000 Fans passen alleine in dieses reine Tennisstadion, auf vier weiteren Plätzen herrscht Turnierbetrieb – und schon in den ersten Tag war der Besuch auf der Anlage beachtlich: "Am Samstag, dem ersten Tag der Qualifikation, hatten wir rund 4000 Besucherinnen und Besucher", berichtet Reichel.

Doch dieser Weg, den auch Turnierbotschafterin Andrea Petković als einzig richtigen bezeichnet, scheint vorerst beendet. Der DTB vergab die Rechte des Herren-Turniers für die nächsten fünf Jahre an die belgische Agentur "Tennium" – doch soll Hamburg auch als Schauplatz eines Damen-Turniers bestehen bleiben. "Hamburg und Damen-Tennis matcht genauso wie Linz", sagt Reichel, die sich "bei der Damen-Tour auch irgendwie wohler fühlt". Nicht alle in Hamburg sind begeistert über den Wechsel, schließlich wurde die 52-Jährige rechtzeitig zum Start ihres einstweilen letzten Herren-Turniers für und in Hamburg von einem lokalen Sender gar als "Hamburgerin des Jahres" ausgezeichnet – durchaus beachtlich für eine Linzerin, auch wenn sie die Stadt an Elbe und Alster bereits als "zweite Heimat" bezeichnet.

Reichel will "Tennis für alle" umsetzen

Doch zurück zum Sport. Reichel war und ist auch immer Kämpferin, aber auch Vorbild für den Frauensport und für Frauen im Sport. Umso mehr ist sie der Auffassung, dass das Damen-Turnier in Hamburg auch ohne die Herren funktioniert. "Dass man aus einem Turnier viel machen kann, sieht man ja an Linz", sagt sie und träumt gleich wieder groß: "Ich will den Slogan 'Tennis für alle' umsetzen, ich will Inklusion, ein Rollstuhlturnier zur gleichen Zeit." Ihr Trumpf: Hamburg verfügt derzeit über starken Nachwuchs, alleine vier junge Hamburgerinnen standen auch dank Wildcards im Hauptbewerb des 250er-Turniers. "Und Local Heroes ziehen – was bei den Spielen der jungen Damen los war, ist beachtlich", erklärt sie. Diese Lokalmatadorinnen fehlen dem Damen-Tennis in Österreich ja leider seit Jahren.

Und doch tüftelt Reichel zusammen mit ihrem Vater daran, die Damen-Turniere in Hamburg und Linz aufzuwerten. Denn durch eine Umstrukturierung ergibt sich die Chance auf eine 500er-Lizenz, die auch mehr Stars garantieren würde. Der Plan, diese Aufwertung zu bekommen, soll in Hamburg, aber auch in Linz angegangen werden. Das Problem: Pro "Upgrade" müsste man wohl rund sechs Millionen Euro auf den Tisch legen. Vor allem in und für Linz wohl kein leichtes Unterfangen. Und wenn es nicht klappt? "Dann bleibt Linz ein 250er-Turnier – wir haben bewiesen, dass das auch geht", sagt Reichel. Denn derzeit liegt ihr Fokus naturgemäß ohnehin auf Hamburg – samt Hoffnung, dass das große Zugpferd erfolgreich ist. Das ist allerdings ein Mann: Alexander Zverev absolvierte in seiner Heimatstadt vor vollem Haus seinen ersten Auftritt im Eilzugstempo. 

Und doch betont Reichel: "Frauen-Tennis zieht, ist weltweit sogar beliebter als die Herren. Es dauert aber, bis sich das weiterentwickelt, auch wenn die Frauen aufholen." Was es jedenfalls hier in Hamburg tatsächlich gibt: eine gerechte Aufteilung der Prime Time – die Herren sind nicht, wie etwa noch in Paris, in den Abendsessions gesetzt. Zur Freude der Fans, die vom Damen-Tennis mindestens ebenso begeistert sind.