Der Blick auf die allwöchentlich erscheinende Herren-Weltrangliste verleitet aus österreichischer Sicht nicht wirklich dazu, die Sektkorken knallen zu lassen. Im Gegenteil, der nach wie vor rekonvaleszente Dominic Thiem, der sein Comeback für Mitte März in Indian Wells avisiert hat, scheint nur noch auf Position 52 und damit erstmals seit fast sieben Jahren nicht mehr in den Top 50 auf. Auch Dennis Novak (121) oder Jurij Rodionov (160) lassen hartnäckig keinen Aufwärtstrend erkennen. Und so wird man schnell dazu verleitet, einen neidvollen Blick Richtung iberischer Halbinsel zu richten.

Genauer gesagt nach Spanien. Dass man dort Topspieler am laufenden Band produziert, ist nichts Neues. Dass man für den nach wie vor erfolgreichen Grand-Slam-Rekordhalter Rafael Nadal aber bereits einen potenten Nachfolger gefunden hat, beeindruckt sehrwohl. Die Rede ist natürlich von Carlos Alcaraz.

Keine Chance für Schwartzman

Das erst 18-jährige Supertalent bestätigte nun in Rio de Janeiro einmal mehr sein Ausnahmekönnen. So kürte sich der vom ehemaligen Weltranglistenersten Juan Carlos Ferrero gecoachte Iberer mit einem glatten 6:4, 6:2-Finalsieg über den Argentinier Diego Schwartzman zum jüngsten Sieger der Tennisgeschichte bei einem ATP-500-Turnier. Nach Umag 2021 ist es für Alcaraz der zweite Titel auf der ATP-Tour und zugleich wohl nur eine kurze Zwischenstation. So, wie auch sein mittlerweile 20. Platz in der Weltrangliste.

Die Karriere von Alcaraz nahm in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit 2020 Fahrt auf, als er sich im Computer von Platz 492 auf Rang 136 verbesserte und mit dem „ATP-Newcomer of the Year“-Award belohnt wurde. Zu Beginn des Vorjahres schaffte er es bei den Australian Open, sich als jüngster Spieler seit Novak Djokovic 2005 für den Hauptbewerb zu qualifizieren und kürte sich nach seinem Erstrundenerfolg zum jüngsten Sieger eines Grand-Slam-Matches seit Thanasi Kokkinakis 2014 in Melbourne.

Nach seinem Premieren-Titel in Umag sorgte Alcaraz vor allem bei den US Open für Aufsehen, als er es gleich bei seinem Debüt sensationell bis ins Viertelfinale schaffte. Ein Sieg über den zu diesem Zeitpunkt Weltranglisten-Dritten Stefanos Tsitsipas inklusive. Mit seinen 18 Jahren schaffte er es als jüngster Spieler seit eines gewissen Thomaz Koch im Jahr 1963 in die Runde der letzten Acht von Flushing Meadows.
Wie auch der Triumph bei den Next Gen ATP Finals in Mailand sind dies aber nur Duftmarken, die Alcaraz auf seinem ungebremsten Weg nach oben setzt.

Erster Turniersieg im gleichen Alter

Stellt man einen Vergleich zu Nadal her, zeigt sich, dass der Jungstar tatsächlich das Zeug zu einem ganz Großen hat. Immerhin war der „Matador aus Manacor“ ebenfalls 18 Jahre und zwei Monate alt, als er 2004 in Sopot seinen ersten Titel feierte. Seine erste von 21 Grand-Slam-Trophäen räumte „Rafa“ übrigens 2005 zwei Tage nach seinem 19. Geburtstag in Paris ab. So gesehen kann der am 5. Mai 2003 geborene und aus El Palmar stammende Alcaraz (wen’s interessiert, das liegt im Südosten Spaniens) sein Idol nicht mehr übertrumpfen. Doch sollte er heuer Anfang Juni ebenfalls bei den French Open triumphieren, würde man ihm das eine Monat, das er Nadal nachhinken würde, bestimmt nachsehen.