Die Tour de France anzuführen, dürfte Christopher Froome wenig Spaß machen. Er ist der Generalverdächtige, seit er auf der siebenten Etappe ins Gelbe Trikot geschlüpft war.
Er verteidigte seine Führung durch die Pyrenäen und er sollte auch in den Alpen unantastbar bleiben. Die Gegner auf der Landstraße hat er im Griff, er muss sich aber auch gegen alle Zweifler behaupten, gegen Journalisten und Wissenschaftler. Im französischen Fernsehen hat der Sportphysiologe Pierre Sallet vorgerechnet, dass Froome bei seinem Sieg in La Pierre-Saint-Martin 7,04 Watt pro Kilogramm Körpergewicht während des Schlussanstiegs getreten haben soll. Alle Athleten, die in der Vergangenheit über 7,0 geschafft haben, waren in Dopingaffären verwickelt. So auch Jan Ullrich, so auch Lance Armstrong.

Selbst Ex-Profi Peter "Paco" Wrolich glaubt, dass man solche Werte mit gewöhnlichen Mitteln nicht erreicht. Schränkt aber auch ein. "Um das wirklich genau zu berechnen, muss man aufs Gramm genau das Körpergewicht des Sportlers kennen. Alles andere sind nur Schätzungen. Und da finde ich es doch unfair, einen Sportler gleich als Dopingsünder hinzustellen. Solange es keinen positiven Dopingtest gibt, ist Froome für mich unschuldig", so Wrolich.

Der Sky-Rennstall hat im Zuge der Dauerverdächtigungen die Leistungsdaten von Chris Froome veröffentlicht, die bei dessen spektakulären Sieg auf der zehnten Etappe in den Pyrenäen gemessen wurden. Demnach habe der Brite auf dem rund 15 km langen Anstieg eine Leistung von 5,78 Watt pro Kilogramm erbracht. Sallet sei von einem völlig falschen Körpergewicht ausgegangen.

Die von Sky veröffentlichten Daten sind freilich bedingt maßgeblich. "Sind sind nur eine Momentaufnahme. Wichtiger wäre es, Langzeitdaten zu haben, aber auch von allen anderen Fahrern." Zweimal hat Froome in den vergangen Jahren einen Dopingtest verpasst, einmal habe er sich die Uhr falsch gestellt, einmal hat er in einem Hotel das Personal nicht informiert, dass ein Kontrolleur vorbeischauen könnte. Sky spricht dennoch von Transparenz, von trainingswissenschaftlichen Komponenten und von perfekter Ernährung. Ingwerwasser mag helfen, die Konkurrenz frühstückt aber auch keinen Schweinsbraten.

Die einen Fans jubeln, die anderen lassen sich zu Flegeleien hinreißen. Bei aller Großartigkeit der Tour, die Atmosphäre ist irgendwie toxisch.

GERHARD HOFSTÄDTER