Die Straßen Wiens sind die Adern der Bundeshauptstadt. Am Sonntag wird der Pulsschlag ein hoher sein, wenn Tausende von der Reichsbrücke zum Burgtheater laufen. Mit dem Vienna City Marathon feiert Österreichs größter Lauf sein 40. Jubiläum. Wolfgang Konrad zieht zum 35. Mal die Fäden und ist nach den harten Jahren der Pandemie in Vorfreude. "Mit einem guten Team muss keine Aufregung entstehen", sagt er und lacht. "Corona war für die Gesellschaft, aber natürlich auch für den Laufsport eine schwierige Zeit."

Nach Rückgängen kratzt Wien wieder an der Grenze von 40.000 Anmeldungen, wird es knapp nicht schaffen: "Das macht nichts. Wir definieren uns ja nicht ausschließlich über die Teilnehmerzahlen." Die Wiederkehr der Läufer sieht Konrad als ein Zeichen, "dass wir in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht haben". Während in Wien gelaufen wird, haben viele kleine Bewerbe die Pandemie nicht überlebt. Eine Bedrohung für die Existenz der Laufszene sah er nie. "Für kleine Läufe ist allerdings einiges zusammengekommen, dass viele gesagt haben: ,Das machen wir nicht mehr.‘ Vor allem Vereine, die auf der Ehrenamtlichkeit basieren. Uns war von Anfang an klar, dass wir alles Denkbare ohne Rücksicht auf Verluste unternehmen müssen, dass es den Wien-Marathon weiter gibt", sagt Konrad.

Mehr als 40.000 in Wien

Gut 9200 Teilnehmer der 40.000 werden die magischen 42,195 Kilometer in Angriff nehmen. Ein Rückgang beim Marathon ist in Wien nicht zu erkennen. "Den Mythos gibt es seit 2500 Jahren und den wird es immer geben", sagt Konrad. In Wien wurde allerdings nicht nur die Gesamtzahl stabil gehalten, der Anteil der Frauen hat sich massiv verstärkt. "Vor 25 Jahren waren wir bei drei Prozent. Dann haben wir bei zehn Prozent schon gesagt: ,Wow‘. Nun halten wir bei einem Frauenanteil von 23 Prozent." Erst im Vorjahr hat Vibian Chepkirui in Wien mit 2:20:59 Stunden eine neue Bestmarke aufgestellt.

Eine andere Frau bescherte dem Organisator auch den emotionalsten Moment in all den Jahren. "Als meine Frau vor gut zehn Jahren ins Ziel gekommen ist. Ich hatte, ehrlich gesagt, während der Veranstaltung nicht daran gedacht. Am Start habe ich sie auch nicht gesehen. Aber wie gute Mitarbeiter ebenso sind, haben sie es inszeniert. Sie haben mir einen Strauß Blumen in die Hand gedrückt, ein Lied abgespielt und gesagt: 'Jetzt kommt die Inge.' Das war schon sehr emotional."

>>>Hier geht es zur Anmeldung für den Graz-Marathon<<<

Jugend an die Macht

Wie sich der Marathon in Wien wandelt, so tut das auch die Rolle des VCM-Machers. Sohn Dominik nimmt seit 2019 die Zügel immer fester in die Hand. Die Hofübergabe schreitet stetig voran. "Ich habe das Credo ,Jugend an die Macht‘. Wir haben junge Leute aufgebaut. Ich schenke ihnen das Vertrauen. Sie überraschen mich immer wieder mit Dingen, die ich mich in meinem Alter so nicht mehr trauen würde", erklärt Konrad. "Es scheint aber aufzugehen. Wenn ich das nicht akzeptiere, sondern wie eine ,Eiskunstlaufmutter‘ darüber sitzen würde, hätten sie nie die Chance, sich zu entwickeln. Wie es dann sein wird, wenn ich gar nicht mehr dabei sein soll, das weiß ich noch nicht. Das muss ich wohl erst erlernen."

International zählt sich Konrad nicht zu den Big Playern. "Das sollen andere machen. Mit 40.000 Teilnehmern in Summe gehören wir zu den Größeren. Und es ist auch viel schwieriger, mehrere Distanzen zu organisieren als nur eine. Mit dem Drumherum spielen wir aber mindestens in der zweiten Liga ganz vorne, so selbstbewusst dürfen wir sein." Die Inszenierung wird in Wien als Schlüssel zum Erfolg gesehen. "Wir inszenieren uns in der Weltstadt der Musik und wir haben unsere Sponsoren eingeladen, über das normale Sponsoring hinaus uns zu entwickeln. So entstehen andere Sichtweisen."

Mehr zum Thema