Um den Bruchteil einer Sekunde hat Janina Falk den Start beim Vorlauf über 100 Meter Delphin verpasst. Am Ende schlug die Wienerin nach 1:13,62 Minuten an und versäumte als 14. der Vorläufe das Finale. Dennoch hat die 18-Jährige in diesem Moment olympische Geschichte für Österreich geschrieben, denn sie nimmt als erste heimische Athletin mit mentaler Behinderung an den Paralympischen Spielen teil. "Das fühlt sich überwältigend an", sagte sie, "es war sehr aufregend. Ich wusste nicht, wie das alles abläuft und das macht sehr nervös." Mit dem Dabeisein gibt sie sich bei der Premiere aber nicht zufrieden. "Es hätte besser sein können." Mit dem Sprung ins olympische Becken sei zwar ein Traum wahr geworden, "aber ich will mehr".

Seit ihrem achten Lebensjahr schwimmt sie. Damals meldete ihre Pflegemutter das hyperaktive Mädchen zu einem Schwimmkurs an. Falk kam mit einem fetalen Alkoholsyndrom auf die Welt, einer Schädigung des Nervensystems. Zwei Jahre später verstarb ihre Mutter, die während der Schwangerschaft Alkohol und Drogen konsumiert hatte. Den leiblichen Vater hat das Kind nie zu Gesicht bekommen und nach vier Jahren in einem Heim wurde das Mädchen von ihren Pflegeeltern Heidemarie Thomann und Gottfried Müllner aufgenommen. Falk leidet an einer starken Seh- und Lernschwäche, doch im Becken fühlte sie sich schnell wohl und nahm an Wettkämpfen teil. Der Sport hat dem schüchternen Mädchen Sicherheit und Selbstbewusstsein gegeben und mittlerweile gibt die 88-fache österreichischen Meisterin TV-Interviews. Vor einigen Jahren war an Auftritte vor vielen Menschen nicht zu denken.

Bis zu sechs Mal pro Woche bringen sie ihre Pflegeeltern zum Training in die Südstadt. Alleine würde sie die Anreise nicht schaffen und ihr Pflegevater ist als Stütze auch mit ihr im Olympischen Dorf. "Eigentlich ist es sehr schön, dort zu leben, aber ich habe es mir noch schöner vorgestellt", sagt sie. Aufgrund der Hitze bleibt sie meist auf dem Zimmer. "Ohne Klimaanlage haltet man das nicht aus." Und die Wartezeit vertreibt sie sich wie fast alles Teenager. "Handy", sagt sie und lacht. Auf den Sozialen Medien ist sie aktiv und postet immer wieder Bilder von ihr mit Assistenzhündin "Isabella", die ihr im Alltag zur Seite steht.

Vier Mal wird Falk bei den Spielen noch ins Wasser gehen, am Freitag stehen die 200 Meter Freistil an und am liebsten würde sie freilich "alles gewinnen". Ihre Lieblingsdisziplin bleibt aber der Schmetterling. "Von der Anstrengung her ist es sicher die schwierigste Lage, von der Technik her eine der leichteren." Was denn dann das Schwierigste sei? "Da gibt es eigentlich nichts für mich."