Ausgerechnet vor dem Rennen in seiner Heimat am Wochenende in Barcelona ist Marc Marquez von der Rolle. Nach sechs Rennen hat er in der MotoGP Weltmeisterschaft 49 Punkte Rückstand auf den Führenden Valentino Rossi. Ungewöhnlich oft hat ihn seine Honda schon abgeworfen. Dabei schien der dritte WM-Titel in Serie vorprogrammiert.

"Jeder hatte ihn auf dem Zettel", sagt auch Alex Hofmann, ehemaliger deutscher MotoGP-Pilot und Entwicklungsfahrer bei KTM für das MotoGP-Projekt. Hofmann hat auch Erklärungen für die schwache Performance des Spaniers, der die vergangenen beiden Jahre die Szene in Grund und Boden gefahren ist. "Er hatte jetzt fünf sehr intensive Jahre in der Straßen-WM und irgendwann muss jeder einmal durchschnaufen."

Dazu ist auch das Gesamtpaket aus Mensch und Maschine nicht mehr ganz so perfekt wie bei seinen beiden WM-Titeln. "Honda ist da in der Entwicklung des Motorrads ein bisschen vom Weg abgekommen", sagt Hofmann. "Weil sie mit Marc eben den überragenden Fahrer haben, der mit seinen Leistungen noch vieles kaschiert hat. Da war bei Honda vielleicht nicht die letzte Konsequenz dahinter, weil er alles gewonnen hat." Der Folge des Ganzen: Die Konkurrenz hat gesehen, dass Marquez zu schlagen ist. "Und das", sagt Hofmann, "macht sie noch stärker."

Phänomen Rossi

Wie Jorge Lorenzo, der nach drei Siegen in Serie vor Selbstvertrauen strotzt und den es in Barcelona, einer seiner Lieblingsstrecken, zu schlagen gilt. Oder wie Valentino Rossi, der seine 20. Saison in der Straßen-Weltmeisterschaft bestreitet. "Es ist unglaublich, wie er nach so langer Zeit immer noch bereit ist, den Kampf mit den Jungen anzunehmen", sagt Hofmann. "Er hat seinen Fahrstil noch einmal geändert und trainiert all seinen Titeln zum Trotz unglaublich viel. Er ist noch mehr bereit, 100 Prozent zu geben, als er es Anfang der 2000er-Jahre war, als ich noch gegen ihn gefahren bin."

Eine Schwäche wird zur Stärke

Zu den beiden Yamaha-Piloten Lorenzo und Rossi kommen auch noch die Ducatis mit Andrea Iannone und Andrea Dovizioso, die schon ganz laut um den ersten Saisonsieg anklopfen.

Und so wird aus der Schwäche des Einzelnen, sprich Marquez, die Stärke des ganzen Sports. "Denn so eine Spannung", freut sich Hofmann, "hatten wir in der Meisterschaft ewig nicht mehr."

Klaus Molidor