So früh wie selten zuvor heulen die Motoren in der Formel 1 auf. Erst einmal ging der Saisonstart früher über die Bühne: 2002 mit dem GP von Australien am 3. März. Damals siegte Michael Schumacher im Ferrari. Der Name Schumacher ist zumindest aktuell aus der Startaufstellung verschwunden, Michaels Sohn Mick verlor nach zwei Jahren seinen Platz bei Haas. Nur eine der vielen Veränderungen im Fahrerlager. Was es sonst noch zu wissen gibt.

Rookies und alte Hasen

Während "Schumi Junior" als Reservefahrer bei Mercedes unterkam und die Hoffnung auf eine Zukunft in der Formel 1 lebt, ist dieses Kapitel für Nicholas Latifi geschlossen. Der Kanadier konnte mit seinen Leistungen nie überzeugen und wurde bei Williams vom US-Amerikaner Logan Sargeant ersetzt, der aus der Formel 2 geholt wurde. Schumachers Cockpit bei Haas übernahm Landsmann Nico Hülkenberg, der bei den Testfahrten auch schon aufzeigte.

Das australische Supertalent Oscar Piastri gibt nach langen Streitigkeiten mit Alpine nun sein Debüt für McLaren und verabschiedete so Daniel Ricciardo in die (zwischenzeitliche?) Königsklassen-Pension. Der Routinier darf sich als dritter Fahrer bei Red Bull aber Hoffnungen auf den Platz von Sergio Perez machen – sollte der Mexikaner in Zukunft auslassen. Fernando Alonso fährt nun für Aston Martin, übernahm den Platz von Sebastian Vettel, der seine Karriere beendete. Für Alonso kam Pierre Gasly von AlphaTauri zu Alpine – und im zweiten "Bullen-Team" debütiert Nyck de Vries mit 28 Jahren an der Seite von Yuki Tsunoda.

Favoriten und jene, die das Zeug dazu haben

Wer sich auf einen offenen Dreikampf an der Spitze gefreut hat, dürfte laut vielen Experten zumindest zum Saisonauftakt in Bahrain enttäuscht werden. Denn Red Bull ließ bei den einzigen offiziellen Tests die Muskeln spielen, Max Verstappen ist wieder der große Favorit auf den Weltmeistertitel, es wäre sein dritter in Serie. Dahinter lauert wohl abermals Ferrari. Die Scuderia griff nach einem verpatzten Jahr 2022 durch, installierte mit Frederic Vasseur einen neuen starken Mann auf der Teamchefposition. Nicht zuletzt deshalb scheint klar, dass Charles Leclerc die Nummer eins im Team ist – arbeiteten Vasseur und der Monegasse doch bereits zu Sauber-Zeiten eng zusammen.

Hinter Mercedes stehen noch viele Fragezeichen. Zum Saisonstart dürfte der Rennsieg aber noch außer Reichweite sein – auch wenn bei den Tests gepokert wurde. Mit George Russell und Lewis Hamilton verfügen die "Silberpfeile" über ein pfeilschnelles Duo, das bei einem idealen Saisonverlauf durchaus ein Wort im Titelkampf mitreden kann. Abseits der großen Drei rückt Fernando Alonso mit schon 41 Jahren in die Rolle des Außenseiters – Aston Martin rückte über den Winter der Spitze um mehr als nur ein paar Zehntel näher.

Erfahrung zahlt sich aus

Was schon bei den Testfahrten in diesem Jahr auffiel: Die Teams hatten viel weniger technische Probleme als noch im Vorjahr. Nach den fundamentalen Änderungen an den Autos vor der Saison 2022 konnte man diesmal wieder auf den Erfahrungen des Vorjahres aufbauen. Die Autos funktionieren im Grunde gleich, am Unterboden gab es nach den "Porpoising"-Problemen der Vorsaison aber Änderungen und Anpassungen. Der Unterboden ist nicht mehr so beweglich und wurde am Rand um 15 bzw. in der Mitte um zehn Millimeter angehoben. Aerodynamische Änderungen gibt es auch am Front- und Heckflügel, außerdem wurden die Rückspiegel etwas vergrößert. Um die Sicherheit bei Unfällen, wie jenen von Guanyu Zhou in Silverstone, zu erhöhen, ist der Überrollbügel 2023 verstärkt und abgerundet, damit er sich nicht so leicht eingräbt.

Regelkunde 2.0

In der jüngeren Vergangenheit mussten sich der Weltverband FIA und die Rennleitung immer wieder Kritik gefallen lassen, vor allem aufgrund der undurchsichtigen Startplatzstrafen nach dem Qualifying. Um diesen chaotischen Zuständen ein Ende zu bereiten, setzt man 2023 auf Regeländerungen. Eine Strafe von mehr als 15 Plätzen führt ab sofort automatisch zu einer Rückversetzung ans Ende des Feldes. Ist das bei mehreren Fahrern der Fall, zählt das Qualifying-Ergebnis zur Bestimmung der Startreihenfolge.

Die Budget-Obergrenze wird von 140 Millionen US-Dollar auf 135 gesenkt – allerdings nur für 21 Rennen. Für die zwei hinzukommenden Grand Prix stehen jeweils 1,8 Millionen US-Dollar extra zur Verfügung, Zulagen für die Sprints bzw. Inflationsanpassungen könnten zudem für eine weitere Anhebung sorgen. An drei Rennwochenenden stehen den Teams in einer Testphase außerdem nur elf statt bisher 13 Reifensätze zur Verfügung. Für Zündstoff könnte der "Maulkorberlass" sorgen, laut dem Fahrer Protestaktionen oder Kritik jeglicher Art zuvor mit der FIA absprechen müssen.

Marathonkalender mit vielen Sprints

Die Formel 1 boomt – das schlägt sich auch im Rennkalender für 2023 nieder. 23 Grand-Prix-Wochenenden, so viele wie nie zuvor, stehen auf dem Programm. Das Rennen in Katar kehrt zurück in den Kalender, neu hinzu kommt der spektakuläre GP von Las Vegas – nach Miami und Austin das dritte Rennen in den USA. Die Staaten werden immer wichtiger für die Motorsport-Königsklasse, selbst ein Straßen-GP in Manhattan/New York ist nach wie vor nicht vom Tisch. Große Änderungen im Streckenlayout gab es in Singapur, wo im dritten Sektor mehrere Kurven entfernt wurden. Auch in Barcelona gab es Adaptierungen, erstmals seit 2006 wird die letzte Schikane nicht gefahren.

Verabschiedet wurde der Große Preis von Frankreich in Le Castellet, auch China fehlt aufgrund der Coronapandemie zum vierten Mal in Folge im Rennkalender. Dafür wurde die Anzahl der Sprints erhöht: Sechs Mal steht das Format des Samstag-Kurzrennens auf dem Programm, auch in Österreich. Zusätzlich gibt es in Aserbaidschan, Belgien, Brasilien, Katar und Austin einen Sprint.