Jos Verstappen, Papa von WM-Kandidat Max Verstappen, gehört wohl zu denen, die die richtige Mischung bieten konnten und können – sonst wäre das Verhältnis der beiden heute nicht mehr so gut. Der 49-Jährige fuhr selbst 106 Grands Prix. 1994 war er für Benetton am Start, als Teamkollege von Michael Schumacher. Zwei Mal kam er aufs Podium – zu wenig, um gegen den Deutschen zu bestehen. „Damals war ich einfach nicht gut genug und hatte zu wenig Erfahrung, um gute Leistungen zu bringen. Ich habe viele Fehler gemacht – das hat mir nicht geholfen in meiner weiteren Karriere“, sagt er heute realistisch. Bis 2003 musste sich Jos dann in unterlegenen Teams wie Simtek, Footwork/Arrows, Tyrrell, Stewart und Minardi herumschlagen.

Auch aus dieser Erfahrung heraus setzte er für Sohn Max von Anfang an hohe Ziele. Der musste sofort an seine Grenzen gehen. „Ich denke schon, dass es hart war. Wir sind nicht auf die Strecke gegangen, um hinterherzufahren.“, erzählte Verstappen senior kürzlich in einer deutschen Motorsport-Talkshow. „Wir sind hingegangen, um zu gewinnen. Und das habe ich Max auch gelehrt. Ich wollte immer nur gewinnen, gewinnen, gewinnen. Das habe ich von ihm auch verlangt.“

In der Familie Verstappen gab es nichts als Motorsport: Auch Mutter Sophie Kumpen kommt ja aus einer Rennsportfamilie, fuhr selbst Kartrennen. „Es ging Tag und Nacht um Motorsport. Max war immer dabei und hat nichts anderes gehört als Formel 1 oder Go-Kart. Er hat dann ja auch mit vier Jahren angefangen, selbst Rennen zu fahren. Wir sind fast jeden Freitag nach der Schule mit dem Bus nach Italien gefahren. Dort standen zwei Tage Training auf dem Programm und am Sonntag das Rennen. Abends sind wir wieder nach Hause und am Montag ging es wieder in die Schule.“ Jedes Jahr waren das zwischen 80.000 und 100.000 Kilometer mit dem Bus. „Ich habe nebenbei die Motoren präpariert, war Mechaniker, nebenbei noch Hausvater. Das hat mich schon viel Zeit und Geld gekostet und das hätte ich nicht gemacht, wenn ich nicht sein Talent gesehen hätte.“

Inzwischen hat sich Jos Verstappen aus dem direkten Arbeitsalltag des WM-Kandidaten zurückgezogen: „Im ersten Jahr bei Toro Rosso war ich voll dabei, auch um Max zu zeigen, wie man mit dem Team arbeitet. Als wir dann zu Red Bull gekommen sind, habe ich einen ersten Schritt zurückgemacht. Als Max älter und erwachsener wurde, bin ich noch ein paar Schritte zurückgegangen. Und das ist auch nötig: Wenn du 18, 19, 20 bist, dann hast du deine eigenen Ideen. Max hat ja auch einen starken Charakter. Das war natürlich schwierig für mich, mich da zurückzustellen, aber man gewöhnt sich daran.“ Was nicht heißt, dass Verstappen junior auf Ratschläge seines Vaters keinen Wert mehr legen würde. „Das Schöne ist: Wir sprechen jeden Tag, an dem Max gefahren ist, miteinander. Wir rufen uns an und reden darüber, wie es lief, was los ist. Ich sage ihm auch meine Gedanken dazu.“

Was in dieser Saison auffällt: Max Verstappen wirkt entspannt wie selten zuvor – trotz des großen Drucks, der auf ihm lastet. Offenbar reift die Erkenntnis, dass er erstmals in seiner Karriere WM-fähiges Material hat. Für Jos eine ganz logische Entwicklung: „Er hat ein viel besseres Paket als in den Jahren zuvor. Er weiß, dass er jedes Rennen gewinnen kann. Vorher war Mercedes immer viel schneller, das ist in diesem Jahr anders. Er weiß, dass er um die Meisterschaft fährt und dass er keine Fehler machen darf. Dieses Jahr ist eine Chance, und Red Bull will alles dafür tun, diese Chance zu nutzen. Das Auto ist gut, der Motor ist besser geworden.” Und auch der neue Teamkollege Sergio Perez erfülle die hohen Erwartungen. „Es funktioniert richtig gut. Perez muss nur im Qualifying noch ein bisschen zulegen, um Max zu helfen.“

Kein Wunder, Jos Verstappen stolz ist auf seinen Filius: „Ich bin sehr froh, wie es bei ihm läuft. Ich sehe: Er hat Spaß, er macht einen tollen Job, er ist beim derzeit besten Team. Ich bin stolz. Alles geht in die richtige Richtung.“ Fehlt nur noch der WM-Titel: „Natürlich liegt er vorn in der Meisterschaft, aber wir wissen alle, was noch alles passieren kann. Man braucht auch Glück. Ich hoffe, dass es ihm heuer nicht noch im Stich lässt.