Seit 2007 läuft Ferrari einem Weltmeistertitel hinterher. Und man bekommt den Eindruck, dass die Italiener ein glückliches Händchen dafür haben, zum genau richtigen Zeitpunkt das Falsche zu tun. Ein Virus, an dem man in Maranello schon seit 14 Jahren verzweifelt. Denn Kimi Räikkönen war der letzte Weltmeister (2007) nach der so erfolgreichen Schumacher-Ära.

Man könnte nun behaupten, in den Glanzjahren saßen keine Italiener auf den Regiesesseln. Es gab einen Jean Todt als Teamchef. Der kleine Franzose, ehemals Rallye-Co-Pilot (neben Hannu Mikkola oder Achim Warmbold), dann Peugeot-Sportchef (Siege bei der Rallye Dakar und in Le Mans), heute FIA-Präsident, war überhaupt der erfolgreichste Ferrari-Rennleiter. Als Stratege fungierte damals Ross Brawn und mit Michael Schumacher hatte man auch den besten Mann im Cockpit. Insgesamt feierte Todt mit Ferrari fünf WM-Titel.

Nach dessen Ära verpasste Ferrari eine Chance nach der anderen, einerseits durch Pech, andererseits auch aus Unvermögen. „Sie hatten manchmal aber wirklich kein Glück“, gibt aber selbst Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, zu. „2010 waren sie mit Alonso so knapp dran am Titel. Erst im letzten Rennen in Abu Dhabi haben sie gegen uns verloren. Wir fuhren mit Webber und Vettel unterschiedliche Strategien, Ferrari reagierte schnell auf den Boxenstopp von Webber, der auch mehr Punkte gehabt hatte. Dann kam Alonso an Petrow nicht vorbei, Vettel gewann und wurde Weltmeister – mit vier Punkten Vorsprung.“

Oder 2018, als Sebastian Vettel ausgerechnet in Hockenheim seine ganz große Chance auf den Titel vergab. Von der Pole gestartet warf er den Ferrari in die Leitschienen, Hamilton gewann, vom 14. Startplatz aus.
An und mit Ferrari scheiterte Alonso zuletzt ebenso wie Sebastian Vettel. Ferrari zu einen, zählt wohl zu den schwierigsten Aufgaben. Das Team kommt schon seit Jahren einfach nicht zur Ruhe. Rennleiter kamen und gingen, Technikchefs gaben einander die Türklinken in die Hand, interne Machtkämpfe bremsten. Einen einmal falsch eingeschlagenen Weg zu korrigieren, dauert ewig, so scheint es. Einmal falsch abgebogen und man findet im Straßengewirr rund um Mailand nie mehr den rechten Pfad nach Monza.

So auch in diesem Jahr. Schon bei den Tests in Barcelona haben die Köpfe im „Roten Reich“ geraucht wie selten. Schnell wurde bemerkt, dass man den Anschluss verloren hat. Und selbst in der Corona-Zwangspause konnte der Rückstand nicht wettgemacht werden. Das neueste Update kommt erst – im Gegensatz zu Mercedes und Red Bull – zum Rennen in Ungarn, Spielberg kam zu früh. So ist die WM 2020, oder das WM-Fragment, schon wieder nicht mehr zu retten.

Wie die besten Fahrer der Welt an Ferrari zerbrachen, so saßen auch die Teamchefs auf einem Schleudersitz. Bis zu seinem Tod 1988 regierte ohnehin „Commendatore“ Enzo Ferrari. Teamchefs waren bloß Statthalter und Berichterstatter von der Front. Auf Jean Todt folgte ein gewisser Marco Mattiacci. Ein bis heute unbeschriebenes Blatt. Er hielt sich nur acht Monate, es folgte der Marlboro-Manager Maurizio Arrivabene, den die gnadenlosen italienischen Gazetten rasch in „Arrivamale“ umtauften. Weil auch er es nicht verstand, Ordnung ins Getriebe zu bringen. Und am Ende im Machtkampf gegen Mattia Binotto unterlag. Der wiederum steht aber selbst schon im zweiten Jahr massiv unter Druck. Ihm wird zur Last gelegt, dass die Doppelfunktion von Teamchef und Technikdirektor nicht funktionieren kann. Ein völlig falscher Weg, den Ferrari zuletzt zu oft eingeschlagen hat. Selbst Sebastian Vettel schaffte es nie, Ferrari richtig auf WM-Kurs zu hieven.