Keinen "Welpenschutz", sondern "Leistung" forderte Pit Beirer für die MotoGP-Saison 2022. Diesen Auftrag setzte sein Team in diesem Jahr aber nur teilweise um, vor allem zur Halbzeit der langen Saison fuhr KTM dem Feld oftmals sogar nur hinterher. So auch beim Heim-GP in Österreich, bei dem sich die Mattighofener nach zwei Rennsiegen in Folge (2020, 2021) mit den Plätzen acht und zehn zufriedengeben mussten. "Natürlich haben wir uns da mehr vorgenommen. Wenn du ausgerechnet in Spielberg keine Performance zeigst, tut das richtig weh. Dafür haben wir zu viel gearbeitet", erinnert sich Beirer. Obwohl die Freude über Platz zwei in der Teamwertung "riesengroß" sei, hat sich KTM in der Fahrer-WM mehr als Platz sechs durch Brad Binder ausgerechnet.

Vielversprechender Start und alte Probleme

Zu Beginn der Weltmeisterschaft schienen die großen Umstellungen des Winters noch zu funktionieren. Binder raste zum Saisonauftakt in Katar auf Platz zwei. "Der Start war natürlich grandios, das hatte aber leider nicht viel mit unseren technischen Fortschritten zu tun. Erst gegen Ende der Saison konnten wir die Früchte dafür ernten." Anfang Oktober stellte Miguel Oliveira im thailändischen Regen die RC16 auf dem obersten Podestplatz ab, sein Teamkollege beim Finale in Valencia einen Platz dahinter. "Brad war schon das Highlight aus unserer Sicht in dieser Saison, der Leuchtturm unter den Fahrern sozusagen. Trotz eines harten Sommers hat er immer durchgezogen und im Rennen nachgelegt."

Nachlegen mussten Binder und Co. am Rennsonntag aber nur, da KTM auch in diesem Jahr die eklatante Qualifyingschwäche nicht in den Griff bekam. "Im Rennen waren wir immer dabei, diese eine Runde am Samstag hat uns aber immer das Genick gebrochen. Wenn du ums Podium kämpfen willst, brauchst du eine gute Startposition, vor allem wenn das Feld so eng zusammenrückt, wie in diesem Jahr."

Umstrittene Personalentscheidungen

Für den größten Aufreger in der abgelaufenen Saison sorgten aber die Fahrerpaarungen beim Werksteam und Tech3. Mit der frühen Verpflichtung von Jack Miller war der Krach mit Oliveira hausgemacht. Das Angebot, 2023 für GasGas (Nachfolger von Tech3) zu fahren, schlug der Portugiese enttäuscht aus. "Dass Miguel jetzt weggeht, tut natürlich weh. Die frühe Entscheidung hat ihn sicher in seinem Stolz gekränkt. Wir hätten uns gewünscht, dass er Teil der Aufstellung bleibt." Die freien Plätze bei GasGas vergab KTM so an Pol Espargaro und Moto2-Champion Augusto Fernandez, was wiederum für Unverständnis beim bisherigen Tech3-Duo sorgte. Remy Gardner und Raul Fernandez sind nach ihrer ersten Saison bereits wieder Geschichte. "Wir haben einen hohen Preis dafür bezahlt, mit zwei Rookies an den Start zu gehen, da das Motorrad nicht sehr pflegeleicht war. Im Rückblick sicher ein Fehler, so ehrlich müssen wir sein." 

Generell sei die Nachwuchsausbildung im Hause KTM "fast schon zu perfekt", meint Beirer zu dieser Thematik. Es gäbe nicht genügend Plätze für die immer schneller werdenden Talente. Von der Fahrerpaarung für 2023 verspricht sich KTM deshalb nicht nur mehr Ruhe innerhalb des Teams. "Wir haben jetzt eine Aufstellung an Fahrern, mit denen wir durch dick und dünn gehen. Diesem Quartett trauen wir richtig viel zu!"