Sie begegneten einander nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mitglieder des inoffiziellen diplomatischen Corps. Die Spieler des Iran und der USA legten sich in dem politisch aufgeladenen WM-Duell auf die sportlichen Aspekte fest und bekundeten darüber hinaus füreinander sichtbar großen Respekt. Vor dem Spiel gab es ein kurzes Abklatschen und auch ein gemeinsames Foto der Kapitäne mit dem Schiedsrichterteam. Die Iraner bewegten bei der Hymne leicht die Lippen, dies als halbherziges Mitsingen zu deuten, wäre eine Übertreibung.

Das Spiel lief anhand der nach internationalen Erfahrungswerten überinterpretierten Fairnessregeln ab. Dabei ging es um sehr viel, nämlich nicht weniger als den Aufstieg. Lange Zeit schien es beinahe so, als herrschte eine Art Berührungsangst, jedoch im positiven Sinn. Dazu gab es fast auffällig freundschaftliche Einlagen. Beide Teams ließen sich auf nur relativ wenige vom Schiedsrichter geahndeten Vergehen ein, die Anzahl der (harmlosen) Fouls lag unter dem bisherigen Turnierschnitt.
Dem Iran hätte ein Remis für den Aufstieg gereicht, doch die Amerikaner wollten dies natürlich nicht hinnehmen, also machten sie sich zu einer Art Daueroffensive auf, der das Team des Portugiesen Carlos Queiroz vor der Pause nur sehr wenig entgegenzusetzen hatte.

Das 1:0 durch Christian Pulisic war eine logische Konsequenz des Geschehens, hatte allerdings schlimme Folgen für den Torschützen. Der Spielmacher verletzte sich bei der Aktion am Oberschenkel und blieb nach der Pause draußen. An seine Stelle trat Ex-Salzburg-Spieler Brenden Aaronson. Ein weiteres, eigentlich schön herausgespieltes US-Tor, erzielt von Timothy Weah, wurde wegen sehr knapper Abseitsstellung aberkannt.

Der Iran war nunmehr gezwungen, sich aus der Defensive zu wagen und machte sich wiederholt nicht ungefährlich bemerkbar. Und auch den Amerikanern war klar, dass ein Gegentor bei aller Überlegenheit sämtliche Anstrengungen wieder zunichte machen würde. Zudem waren die Iraner mit einem geradezu furchteinflößenden statistischen Detail in die Partie gestartet. Sie hatten fünf ihrer sechs letzten WM-Tore erst in der Nachspielzeit erzielt. Auf eine vehemente Schlussoffensive musste also die USA ganz besonders gut vorbereitet sein.

Die Iraner hätten aber auch gegen einen früheren Treffer nichts einzuwenden gehabt, und in der 82. Minute wäre es fast passiert, doch eine schöne Vorbereitung von Saeid Ezatolahi konnte nicht gut genug verarbeitet werden. Dann wurde die für die Amerikaner so bedrohliche Überzeit angezeigt: neun Minuten. Doch auch diese liefen dem Iran schließlich davon. Das einzige Tor und damit der einzige Sieg reichte den USA nach zwei Unentschieden für den Einzug ins Achtelfinale. Dort treffen sie nun auf die Niederlande. Mit der Außenseiterrolle werden sie in dieser Partie ganz gut zurechtkommen.