Fußballspiele sind auch nach ihrer Größenordnung zu beurteilen. So gesehen kommt der Begegnung der österreichischen Nationalmannschaft am Mittwoch im leeren Wiener Prater mit Dänemark herausragender Stellenwert zu. Denn es handelt sich nicht um irgendein Länderspiel, sondern um ein Match, das im Hinblick auf die erste Teilnahme Österreichs an einer Weltmeisterschaft seit 1998 entscheidend sein kann. "Es ist schon ein Spiel von großer Bedeutung", sagt sogar der sonst auf diesem Gebiet eher zurückhaltende Franco Foda.

Werden die aktuellen Messwerte und Persönlichkeitsdaten herangezogen, so ergibt sich in der europäischen Gruppe F für die Endrunde vom 21. November bis 18. Dezember 2022 in Katar eine klare Positionierung der beteiligten Teams. Als Nummer eins gilt Dänemark, Nummer zwölf der Welt und in den vergangenen vier Jahren nur von Belgien besiegt. Unter anderem steht auch ein erst im vergangenen Herbst gegen England errungener 1:0-Erfolg zu Buche.

Aber schon auf Platz zwei rangiert Österreich. Die Mannschaft von Franco Foda ist über Schottland und Israel - in dieser Reihenfolge - zu stellen. Der ÖFB-Teamchef nannte zwar alle vier Kandidaten als WM-Anwärter in einem Atemzug, doch diese öffentlich vorgetragenen Einschätzungen sind im Ordner des Fachbereichs Sport-Diplomatie abzulegen.

Im Heimspiel gegen Dänemark bekommt Österreich die historische Gelegenheit zur Grundsteinlegung für eine erfolgreiche Qualifikation. Mit einem Sieg kann sich das ÖFB-Team in die Pole-Position katapultieren und hätte das Geschehen fortan selbst in der Hand. Ein Remis würde die Mannschaft in eine unerwünschte Abhängigkeit zwingen, eine Niederlage gar in eine für Platz eins fast schon aussichtslose Position befördern.

Der Teamchef verwies zwar auf den Fehlstart in die letztlich noch erfolgreiche EM-Qualifikation, doch bei der WM-Bewerbung führt nur der Gruppensieg auf direktem Weg zur Endrunde. Der Gruppenzweite muss in ein Play-off, da würde dann dem Los- und Spielglück eine weitaus bedeutendere Rolle zukommen als an den zehn Spieltagen der WM-Ausscheidung. Es müsste nämlich noch eine Vierergruppe gewonnen werden.

Was spricht für Österreich, wo hat Dänemark Vorteile?

Homogenität. Das Nationalteam kann im Bereich der spielerischen Substanz mit den Dänen mithalten, aber die Erfahrung auf internationaler Ebene spricht für die Gäste. Foda betont selbst in erster Linie das Kollektiv seiner Elf. "Unsere Mannschaft ist sehr homogen." Dänemark steht enorme individuelle Qualität zur Verfügung, die Österreicher müssen im Zusammenwirken etwa das Fehlen eines Marko Arnautovic wettmachen. Er hätte den Unterschied ausmachen können, ist jedoch verhindert. In diesem Bereich befinden sich einige ÖFB-Kicker wie Christoph Baumgartner oder Sasa Kalajdzic erst in der Aufbauphase. Die Reife spricht für Dänemark.

Die Außenseiterrolle. Nach längerer Zeit muss sich Österreich nicht dem Druck der Favoritenstellung aussetzen. Das kann sich auf das Spiel durchaus befreiend auswirken, auch wenn der Teamchef diesem Umstand keine besondere Beachtung schenkt. "Es spielt keine Rolle, wer Favorit ist, wichtig ist eine optimale Leistung", sagt Foda, wohl Bescheid wissend um die Spielstärke des Gegners. Einen Sieg um jedem Preis erzwingen zu wollen, ist beim Nationaltrainer allerdings keine Option. "Vielleicht ist Dänemark so überlegen, dass du dich mit einem Remis zufriedengeben musst."

Die Taktik. Österreich ist zwar aufgrund des auch ohne Zuschauer bestehenden Heimvorteils (vertraute Umgebung) und der Tabellensituation zum offensiven Handeln gezwungen, muss aber dem Tempospiel der Dänen Rechnung tragen. "Wir müssen kompakt agieren und die schnellen Flügelspieler unter Kontrolle bringen", sagt Foda. Auch die Kreise des bei Tottenham schaltenden "Sechsers" Pierre-Emile Höjbjerg gelte es einzuengen, Gleiches trifft auf Spielmacher Christian Eriksen zu. Im Ballbesitz wiederum müsse "aktiv, mutig und entschlossen" gearbeitet werden. 2Wir müssen unser Spiel in der Offensive entwickeln." Nur zu reagieren, wird nicht genügen.

Die Belastung. Die gegen Moldawien zur Gänze geschonte Einsergarnitur der Dänen kommt ausgeruht nach Wien. Die A-Auswahl der Österreicher hat mehr Qualifikationsminuten in den Beinen, aber Foda sieht darin nicht unbedingt einen Nachteil. "Du kannst zwar über mehr Frische verfügen, aber es kann auch der Rhythmus verloren gehen." David Alaba zieht es jedenfalls vor, permanent gefordert zu werden. "Wir lieben solche Matches auf so einem Niveau, dafür spielen wir Fußball, es macht Spaß, alle drei Tage zu spielen." Er sei diesen Rhythmus gewohnt. "Wir regenerieren gut, es macht allen Spaß."